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Kultur: Im Schatten der Defa

Buchvorstellung „Private Filmproduzenten in der DDR“ im Filmmuseum

Sie mussten einen langen Atem haben. Nicht nur, weil sie als freiberufliche Filmemacher in der DDR ein stark reglementiertes Nischendasein führten, sondern weil auch ihre technischen Voraussetzungen denkbar schlecht waren. Das erzählte am Donnerstagabend im Filmmuseum der jetzt 77-jährige Babelsberger Regisseur Peter Blümel, der sich nicht nur mit seiner skurrilen „Minol-Pirol-Reihe“ für die „Tausend Tele Tipps“ in Erinnerung rief, sondern auch mit dem Zeichentrickfilm „Die Geschichte vom kleinen und“, nach der gleichnamigen Kurzgeschichte von Franz Fühmann, die Kinozuschauer begeisterte.

Peter Blümel gehörte zu den 19 freiberuflichen Lizenzträgern, die sowohl In- und Auslandswerbespots für die Industrie als auch Auftragswerke, beispielsweise Aufklärungsfilme für das Deutsche Hygienemuseum in Dresden oder eben Animationsfilme für Kinder realisierten. Über 2000 Filme wurden in fast 40 Jahren produziert, von denen eine vielfältige und kulturgeschichtlich interessante Mischung zur Buchpräsentation von Ralf Forster und Volker Petzold gezeigt wurde. Beide Autoren beschäftigen sich seit fast einem Jahrzehnt mit dem Bereich privat produzierter Filme und Amateurfilme in der DDR und sie haben jetzt das Buch „Im Schatten der Defa“ vorgelegt, das einen Beitrag zur DDR-Gesamtfilmografie, die noch nicht geschrieben sei, wie Ralf Forster sagte, leisten will. Sie stellen darin chronologisch die Situation der privaten Filmproduktion dar und porträtieren Studiobetriebe, die überall in der DDR existierten und Filme entweder selbst produzierten oder aber Zuarbeiten für die Defa, die Dewag Werbung oder das DDR-Fernsehen leisteten.

Neben Peter Blümel werden Filmemacher wie Jan Hempel vorgestellt, der als Vater des Puppentricks gilt und seit den 70er Jahren fast ausschließlich Industriefilme produzierte wie den Exportwerbefilm für eine Radebeuler Offsetdruckmaschine, „Eine Planeta wird geboren“, der in der Retrospektive ebenfalls gezeigt wurde. Ganz anders in Inhalt und Stil sind die Expeditionsfilme Erich Wustmanns, der zu den sogenannten „Sächsischen Exoten“ zählt. Wustmann, der als Völkerkundler auch zu DDR-Zeiten nach Indien, Nordafrika oder Südamerika reiste und beispielsweise Filme über die Crao-Indianer in Brasilien drehte, finanzierte seine Filme auch privat. Seine (Film-)Vorträge füllten damals Säle, seine Bücher wurden in Ost- und Westdeutschland in Millionenauflagen gedruckt.

Auf über 400 Seiten geben der Filmtechnikhistoriker Ralf Forster und der Publizist Volker Petzold fundiert und detailliert Auskunft über private Produzenten im DDR-Mediensystem, sie beackern ein Feld, über das zu DDR-Zeiten sehr selten reflektiert wurde. Peter Blümel und sein Kameramann Erich Günther, der ebenfalls im Filmmuseum zu Gast war, ließen sich nicht lange bitten und erzählten sehr bereitwillig über ihre damalige Situation. Blümel berichtete, dass er mit Stummfilmkameras aus den 1920er Jahren drehen musste, da die privaten Studios keinen Zugang zu modernerer Technik hatten. Das änderte sich auch nicht, als die freischaffenden Künstler in den 70er Jahren in Produktionsgemeinschaften vereinigt und stärker an die Defa angeschlossen wurden. Doch trotz aller Einschränkungen hatte Blümel einen langen Atem und viele originelle Ideen. „Unser Vorteil war“, sagte er verschmitzt, „man hat uns gebraucht und wir waren schneller als die Defa“ . Astrid Priebs-Tröger

Im Schatten der Defa. Private Filmproduzenten in der DDR, UVK Verlagsgesellschaft mbH Konstanz, 2010, 30 Euro

Astrid Priebs-Tröger

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