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Kultur: Im Mittelpunkt seines Lebens: der reine Klang Klavierbaumeister Reinhard Silbermann zum 80.

Von Klaus Büstrin So manche Erinnerung bewahrt Reinhard Silbermann. Zeitungsartikel, Programmhefte, Fotografien, Listen .

Von Klaus Büstrin So manche Erinnerung bewahrt Reinhard Silbermann. Zeitungsartikel, Programmhefte, Fotografien, Listen ... Monatlich erhielt er von der damaligen staatlich gelenkten Konzert- und Gastspieldirektion der DDR eine Aufstellung von Konzerten, die er als Klavierstimmer zu betreuen hatte. Zwischen Potsdam, Jüterbog, Luckenwalde, Wittstock oder Kyritz fuhr er mit seinem Trabant, mit ein paar „Werkzeugen“ in der Tasche, um Tasteninstrumente – vor allem Flügel und Klaviere verschiedener Firmen – in die richtige Stimmung zu bringen. Manchmal mussten auch kleine Reparaturen an Ort und Stelle durchgeführt werden. Damals gab es in so mancher Kleinstadt noch Angebote mit klassischer Musik, die „Konzerte auf dem Lande“. Reinhard Silbermann erinnert sich, dass auch bekannte nationale und internationale Künstler „übers Land“ fuhren. Doch in Potsdam gab es die meisten Konzerte zu betreuen. Im Nikolaisaal, im Schlosstheater oder in der Bildergalerie traten Pianisten von Weltrang auf: Annerose Schmidt, Dieter Zechlin, Swjatoslaw Richter, Emil Gilels oder Amadeus Webersinke. Ihnen musste man hin und wieder noch besondere Wünsche in Sachen Klavierstimmung erfüllen. Doch Dieter Zechlin meinte: „Wenn ich nach Potsdam komme, brauche ich vorher nicht den Flügel zu testen. Ich weiß, welche Qualität mich dort erwartet.“ Reinhard Silbermann kann auf ein reiches musikalisches Leben zurückblicken, in dessen Mittelpunkt immer der saubere und reine Klang gehört. Der wurde dem Klavierbauer und -stimmer, der heute seinen 80. Geburtstag feiert, schon in sehr jungen Jahren vermittelt. Zeitz war Silbermanns Geburtsstadt. Sein Vater arbeitete als Bergbauingenieur. Ob seine Familie mit dem sächsischen Orgelbaumeister Gottfried Silbermann verwandtschaftlich verbunden ist, konnte Reinhard Silbermann bisher nicht nachweisen. Mit elf Jahren wurde er Mitglied des Thomanerchores Leipzig. Karl Straube, der noch das Amt des Kantors und des Organisten an der Thomaskirche innehatte, nahm den Jungen auf. Sein älterer Bruder war zu dieser Zeit Mitglied dieses traditionsreichen Klangkörpers, aber auch Ekkehard Tietze, mit dem ihn eine enge Freundschaft verband. Dieser Kirchenmusiker wurde 1957 Kantor an der Friedenskirche und Dirigent des von ihm gegründeten Oratorienchores Potsdam. Er prägte in den sechziger und siebziger Jahren das musikalische Leben der Havelstadt. Unter Straube machte Silbermann seine ersten musikalischen Schritte, lernte die großen Werke der Kirchenmusik kennen. Natürlich wurden im Thomanerchor die Oratorien, Motetten und Kantaten Johann Sebastian Bachs, der einer der Vorgänger Straubes war, am intensivsten gepflegt. An jedem Sonnabend gab es die beliebte „Motette“. Für diese liturgisch gestaltete Musikalische Vesper musste stets ein neues Programm vorbereitet werden. Nach Straube wurde Günter Ramin Thomaskantor. Reinhard Silbermann konnte sich unter dessen Ägide bis zum Präfekten hinaufarbeiten. In den Aufgabenbereich des Präfekten fiel die Probenarbeit und in Vertretung des Kantors auch das Dirigieren bei den „Motetten“. Doch den schwarzen Anzug der Thomaner musste er mit der Soldatenuniform vertauschen. Hitler schickte auch ihn in seinen verbrecherischen Krieg, an die Ostfront. Mit einer schweren Verwundung kehrte er nach Hause zurück. Nun hieß es, eine Lehre zu beginnen. Natürlich sollte darin die Musik eine Rolle haben. In der Zerbster Pianoforte-Fabrik Gerbstaedt lernte er Klavierbauer. Doch auch für den Orgelbau fand er Interesse. Er ging nach Potsdam, zu Schuke. Nach einem Jahr musste Silbermann die Tätigkeit bei Schuke aufgeben. Die schwere Kriegsverletzung machte ihm einen Strich durch die Rechnung. So wandte er sich schließlich ganz und gar dem Klavierbau zu. 1954 legte Silbermann die Meisterprüfung ab und machte sich selbstständig. Seitdem kennt er wohl fast jedes Tasteninstrument, Cembali inbegriffen, in Potsdams Konzertsälen, Kulturhäusern und Wohnungen. Sein Ruf als hervorragender und präziser Klavierstimmer ging über Potsdam hinaus. So führte ihn sein Weg, für viele Jahre, auch zu den Greifswalder Bachwochen. Das Singen ist aber Reinhard Silbermann eine Herzenssache geblieben. Der Spruch, den Bach für sich wählte, hat auch er sich zu eigen gemacht: Soli deo gloria – Gott allein die Ehre. Im Oratorienchor sang er von Anfang an, leitete hin und wieder in Vertretung von Tietze und Matthias Jacob Proben. Nun ist er aber „nur“ noch Mitglied der Kantorei an der Friedenskirche. Mit Engagement sucht er für den Chor „neue“ Stücke aus alter und zeitgenössischer Literatur heraus. Jetzt hat er den litauischen Komponisten Vytautas Miskinis für sich entdeckt. Und er hofft, mit dessen Chormusik auch die Kantorei begeistern zu können.

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