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Kultur: Im Chor der Bürokratie

Premiere von „Der pinke Schal“ im Bürgerhaus

Hier herrscht ständige Betriebsamkeit. Manche Menschen kommen, andere gehen und einige warten eine schiere Unendlichkeit lang. Einige haben ein festes Ziel vor Augen, andere blicken eher orrientierungslos von einer Seite zur anderen, nicht sicher, wohin ihr Weg sie führt. Man könnte meinen, hier beschreibt jemand die Situation in einer Bahnhofshalle, doch so gestaltet sich das Leben in Asylbewerberheimen, den Wartezimmern der deutschen Gesellschaft.

Der Potsdamer Verein „Planet Pink e.V.“ hat sich dieser Situation angenommen. Er will aufmerksam machen, auf die Lebensumstände in Potsdam lebendender Asylsuchender. In Sammelunterkünften untergebracht, leiden die Heimbewohner unter Isolation vom gesellschaftlichen Leben. Berührungsängste und Vorturteile lassen häufig eine unsichtbare Mauer zwischen ihnen und den Anwohnern entstehen. Mit ihrem Theaterprojekt „Der pinke Schal“, das am heutigen Freitag im Bürgerhaus am Schlaatz Premiere hat, wollen die Potsdamer Studenten, Anwohner des Schlaatzes und Bewohner des Asylbewerberheimes im Schlaatz diese Mauer niederreißen und über Themen wie Versorgungsrecht und Residenzpflicht aufklären. „Wir wollen über kulturelle Grenzen hinausgehen und Leute mit verschiedeben Hintergründen und Erfahrungen zusammenbringen“, sagt Ronja Hinz, Mitbegründerin von Planet Pink.

Seinen Anfang hatte alles mit einem netten Grillabend. Eine bunte Mischung von Potsdamer Studenten verschiedener Fachrichtungen hatte sich zusammengetan, um mit den Heimbewohnern in Kontakt zu kommen. An den regelmäßigen Treffen, die auf diesen ersten Grillabend folgten, entwickelte sich sehr schnell eine Idee, eine kreative Idee. Ein Theaterspiel schien geradezu perfekt, das Selbstwertgefühl und die Selbstsicherheit der Asylbewerber zu stärken und über Hemmungen im Umgang miteinander hinwegzukommen. „Der pinke Schal“ war geboren. Die Erfahrungen der Geflüchteten bildeten die Grundlage für das Skript, das mit Unterstützung von Theaterpädagogin und Regisseurin Tanja Otolski zu einem bühnenreifen Stück umgesetzt wurde. Die Geschichte handelt von einem jungen Asylbewerber, der unter ständiger Beobachtung des „Chors der Bürokratie“ sein Leben fristet. Als er die Studentin Maria kennenlernt, kommt es, wie es kommen muss, die beiden verlieben sich ineinander und Maria wird schwanger. Nachdem diese zu Verwandten in Süddeutschland gezogen ist, will der werdende Vater zu ihr reisen. Doch sieht er sich plötzlich mit einer Reihe bürokratischer Hürden konfrontiert, die ihn daran hindern. Mit viel Mühe überwindet er jede von ihnen, um dann mit einem vergessenen Koffer am Bahnsteig eine fatale Ereigniskette auszulösen. Mit einem Augenzwinkern, aber auch mit der nötigen Ernsthaftigkeit sollen im „pinken Schal“ die scheinbar so gegensätzlichen Themen Bürokratie und Menschlichkeit zusammengeführt werden. Chantal Willers

„Der pinke Schal“ am heutigen Freitag und morgigen Samstag, jeweils um 19 Uhr im Bürgerhaus am Schlaatz im Schilfhof 28. Und am Sonntag, dem 25. September, um 19 Uhr im Waschhaus in der Schiffbauergasse. Der Eintritt kostet 5, ermäßigt 3 Euro

Chantal Willers

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