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Kultur: „Ich möchte die Leute wachrütteln“

Fotokünstlerin Sylwia Makris über ihre Ausstellung „Old Masters“, die in Golm gezeigt wird

Frau Makris, Sie präsentieren mit „Old Masters“ in der Galerie „Supermarkt“ in Golm fotografische Neuinterpretationen von klassischen Gemälden. Warum brauchen wir diese neuen Sichtweisen?

Vor allem brauchen wir eine neue Sichtweise auf unser Schönheitsideal. Für mich sind Menschen immer schön, Hässlichkeit existiert nur von innen. Mir war es wichtig, ganz verschiedene Schönheiten widerzuspiegeln.

Sie zeigen auf Ihren Bildern viele Models, die nicht der allgemeinen Norm entsprechen. Etwa Melanie Gaydos, die durch einen Gendefekt gezeichnet ist, oder Zombie Boy, der überall tätowiert ist.

Genau. Das klassische Schöne interessiert mich wenig, obwohl ich natürlich auch Models für meine Reihe fotografiert habe, die allgemein als schön gelten. Genau diese Vielfalt macht für mich den Reiz aus. Ich möchte die Leute wachrütteln, ihnen zeigen: Es gibt nicht nur die eine Art der Schönheit und wir sollten Menschen akzeptieren, wie sie sind.

Sie erzählen mit jedem Bild auch die Geschichte der porträtierten Menschen. Gibt es eine, die Sie besonders berührt hat?

Für mich sind sie alle berührend, aber ich habe ein Bild mit Madonna und Kind, das mich sehr fasziniert. Das Jesuskind ist hier ein Mädchen mit Down-Syndrom, also eine doppelte Abkehr vom religiösen Ideal. Mich persönlich beschäftigt das Thema Down-Syndrom schon lange. Oft werden betroffene Kinder abgetrieben, was ich schlimm finde.

Die Ausstellung verfolgt also einen gesellschaftlichen Anspruch?

Auch. Die Bilder sollen Augen öffnen, aber das können sie sowohl künstlerisch als auch moralisch.

Und warum die Annäherung über die alten Meister?

Zunächst sind es ja nicht nur alte Meister. Ich habe auch „Judith mit dem Haupt des Holofernes“ von Gustav Klimt inszeniert.

mit Schauspielerin Nora Tschirner.

Ja genau. Mich haben schon immer alte Architektur, alte Gemälde inspiriert. Warum, kann ich auch nicht genau sagen, es ist einfach so. In der Moderne kann ich mich nicht so finden.

Aber Sie wandeln das Alte ins Moderne

und ich verwandele es wieder zurück, indem ich die Bilder bearbeite. Die Farben werden verändert, die Stimmung und in diesem Fall auch die Oberfläche der Leinwand, auf der die Bilder gedruckt sind.

Entstehen dadurch die Risse in der Oberfläche?

Ja. Auf die Bilder werden fünf bis sechs Schichten eines speziellen Lacks aufgetragen und zum Schluss mit Antikwachs abgerundet. Dadurch entsteht die Gemäldestruktur. Mein Ziel ist es, mich von der Fotografie zu entfernen. Ich bilde nicht ab, was ist, sondern was sein könnte.

Kennen Sie Ihren Ausstellungsort in Golm schon?

Nein, tatsächlich nicht. Ich kenne Potsdam flüchtig, war hier bei Florentine Joops Hochzeit und bin gespannt auf Golm.

Das Gespräch führte Sarah Kugler

Sylwia Makris wurde 1973 in Polen geboren und lebt heute in

München. Sie ist

gelernte Bildhauerin und arbeitet seit 2007 als freie Fotografin. Hässlichkeit gibt es nur im Innern der Menschen, findet sie.

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