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Kultur: Hörner für Helden

2018 gibt es „Klassik am Weberplatz“ zehn Jahre. Das Collegium Musicum feiert das mit dem Babelsberger Filmorchester

Das erste Mal „Klassik auf dem Weberplatz“ war ein Experiment. „Wir wollten was Neues probieren, raus aus dem Konzertsaal, hin zu unserem Publikum“, sagt Knut Andreas, Künstlereischer Leiter des Potsdamer Sinfonieorchesters Collegium Musicum. „Wir rechneten mit ein paar Hundert Zuhörern, aber es kamen um die Tausend.“ Das war 2009, eine Tangonacht mit großem Orchester mitten auf dem Weberplatz, es wurde sogar getanzt. Seitdem hat das Musikevent jedes Jahr im Sommer stattgefunden, mit verschiedenen musikalischen Themen oder Instrumenten im Fokus, es gab eine Swingnacht, ein Konzert mit Musik aus Brasilien, mit Schwerpunkt Gitarre, Saxophon oder Trompete – zu „Trompetissimo“ im vergangenen Jahr kamen fast 20 00 Besucher.

In diesem Jahr wird das Projekt zehn Jahre alt, die Macher sind selber ein bisschen überrascht von ihrem Erfolg. Es war nicht immer einfach, oft war die Finanzierung mit Hilfe städtischer Förderung bis kurz vorher unsicher, wurde unter Vorbehalt geplant. „Das ging und geht bis heute nur mit vielen Helfern“, so Andreas.

Das Jubiläumskonzert soll etwas ganz Besonderes werden. Das Collegium wird gemeinsam mit dem Babelsberger Filmorchester spielen – eine gewaltige Besetzung von insgesamt etwa 120 Musikern. Auch musikalisch bleibt man in Babelsberg. Der Abend am 2. Juni bietet einen Querschnitt durch Filmmusik, aus den Zeiten der Ufa, der Defa und von heutigen Produktionen: „Babelsberg in Concert“.

Eine Zusammenarbeit mit den Profis der Filmmusik-Szene lag natürlich nahe. Zudem das Filmorchester gerade erst sein 100-jähriges Bestehen feierte, sagte Klaus-Peter Beyer, Intendant des Deutschen Filmorchesters Babelsberg. „Wir sind gespannt auf das Aufeinandertreffen.“ Beide Orchester werden das Programm separat erarbeiten und dann in doppelter Besetzung spielen. Die Musiker freuen sich auf die außergewöhnliche, geballte musikalische Kraft. „Das sind dann beispielsweise nicht vier, sondern acht Hörner“, sagte Beyer. „Und das Horn ist wichtig, es kommt in der Filmmusik typischerweise für den Helden zum Einsatz.“ Im Programm finden sich Hits der Ufa-Klassiker, „Ein Freund, eine guter Freund“ oder Musik aus dem „Blauen Engel“. Aus Defa-Filmen musste unbedingt Musik aus „Solo Sunny“ ins Programm, „Paul und Paula“ sowie der erste Nachkriegsspielfilm „Die Mörder sind unter uns“. Aus aktuellen Produktionen wird „Enemy at the Gates“ angespielt, „Prinz Eisenherz“ – und ein paar Überraschungen, so Beyer. Knut Andreas wird dirigieren, die Moderation übernimmt Babelsbergs Kinoexperte Knut Elstermann.

Nach dem gewaltigen Konzert am 2. Juni, wie immer bei freiem Eintritt, wird dieses Mal auch am Sonntag ein Konzert stattfinden, zu dem vor allem Familien und Kinder eingeladen sind. Um 15 Uhr spielt das Kammerorchester Georg Friedrich Händel aus Berlin „Peter und der Wolf“ von Prokofjew, es liest die junge Schauspielerin Nellie Thalbach. Im Vorfeld sind Babelsberger Kitas und Grundschulen zu einem Malwettbewerb eingeladen. Das schönste Bild zu „Peter und der Wolf“ soll auf die Plakate kommen.

25 Jahre nach Wiederbelebung des 1945 gegründeten Collegium Musicum, damals ein eher kleines Ensemble, dass erst unter Knut Andreas zu seiner jetzigen Größe wuchs, steht das Orchester mehr denn je in der Mitte Babelsbergs und Potsdams. Für den Leiter ergibt sich daraus auch eine soziale Aufgabe. So wird das Orchester auch in diesem Jahr zwei Konzerte „Sinfonieorchester für Senioren“ gestalten, am 27. Mai und am 2. Dezember, jeweils im barrierefreien Bethlehemsaal und bei freiem Eintritt. Gespielt werden Auszügen aus dem aktuellen Programm. Auch das Abschlusskonzert der Seniorenwoche am 17. Juni gestaltet das Orchester, gemeinsam mit dem Saxophonisten Ralf Benschu und dem Gitarristen Karsten Intrau.

Sinfonisch beginnt das Jahr 2018 am 3. März. Der Potsdamer Klarinettist Matthias Simm ist Solist bei Mozarts Klarinettenkonzert A-Dur. Das Programm umfasst weiterhin Haydns „Londoner“ Sinfonie und ein Stück des brasilianischen Komponisten Nepomuceno, eine Idee des Gastdirigenten Parcival Módolo. Am 8. September ist es dann Musik von Schubert und Beethoven Solistin ist Yuhsin Cheng, eine junge Geigerin aus Taiwan. Die Programme werden jeweils in der Babelsberger Friedenskirche und in Herz Jesu in Zehlendorf aufgeführt.

Ein ganz anderer aber schon traditioneller Spielort ist die Orangerie der Biosphäre. Hier findet auch in diesem Winter Musiktheater statt: die vor 2016 erfolgreiche und stets ausverkaufte Oper „Hänsel und Gretel“ von Humperdinck wird drei Mal aufgeführt. Damit erfülle man einen Wunsch vieler Zuhörer, die damals keine Karten mehr bekamen, so Andreas.

Und dann gibt es noch eine Premiere. Vom 9. bis 11. November geht das Orchester auf Konzertreise nach Luzern. Der Kontakt entstand 2017, als Philipp Hutter aus Luzern Solist bei „Trompetissimo“ als Gastsolist auftrat. Etwa 50 Ensemblemitglieder werden nun Potsdams Partnerstadt in der Schweiz besuchen und dort in St. Michael Rodtegg auftreten. S. Pyanoe

S. Pyanoe

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