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Kultur: Herzerwärmende Kunst

Wollquilts von Glencheck bis Kaschmir im Pavillon auf der Freundschaftsinsel

Schafe sind Klasse. Willig, robust und genügsam. Und zudem gute Nahrungs- und Bekleidungslieferanten. Ein Exemplar dieser Spezies steht jetzt im Pavillon auf der Freundschaftsinsel. Nur sein gestrickter Kopf lässt etwas vom eigentlichen Ausgangsmaterial aufscheinen. Ansonsten ist das Fell des kunstvollen Tieres aus unzähligen farbigen Wollstoffschnipseln ganz unterschiedlicher Textur geknüpft.

Diese Gemeinschaftsarbeit von den sechs Textilkünstlerinnen – Christel Rebuschat, Edda Gehrmann, Eva Kowalski, Renate Beland, Rose Lindlar und Ruth Pydde – gehört zur aktuellen Ausstellung „Wollquilts von Glencheck bis Kaschmir“, die noch bis kurz vor Weihnachten besucht werden kann. Und das lohnt sich. Nicht nur, weil man die anspruchsvolle Handwerkskunst des Quiltens in zahlreichen Varianten bestaunen kann, sondern weil die vielfarbigen Wandbehänge – manche von ihnen sind mehrere Quadratmeter groß – ganz eigene kleine Geschichten erzählen. Und nicht, wie schon seit vielen Jahrhunderten nahezu weltweit praktiziert, vor allem zum Wärmespenden genutzt werden können. Obwohl das in diesen Wintertagen durchaus gelegen kommen könnte.

Die textilen Wandbehänge zeigen beispielsweise „Lebenspfade“. Die verlaufen bei Edda Gehrmann in konsequenten Zick-Zack-Strecken und diese wiederum sind aus unzähligen und vielfarbigen kleineren Stoffsegmenten zusammengenäht. Insgesamt eine besonders kraft- und energievolle Arbeit in Rottönen. Ganz anders ihr „Frühlingserwachen“. Wollstoffe in zarten Pastellfarben verbreiten eine ungemein leichte und dennoch vitale Atmosphäre und weisen jetzt schon heiter auf das kommende Jahr. In kontrastierenden Schwarz-Weiß-Rottönen kommen vor allem die Arbeiten zweier weiterer Künstlerinnen daher. Die 82-jährige Ruth Pydde gestaltete ungemein kunstvoll „Mauerwerk“, das an die Architektur des Art déco erinnert, und gleich daneben hängt Eva Kowalskis ausdrucksstarkes „Schneewittchen“. Die bekannte Geschichte spiegelt sich in den verwendeten Wollstoffen mit floralen oder abstrakten Mustern dramatisch eindrucksvoll. Überraschend auch ihre Kniedecke „Plattenbau“. Hier hat Eva Kowalski vor allem blaue und graue Anzugsstoffe verwendet, die von weitem ziemlich homogen wirken. Beim genauen Blick sind jedoch durch helle Kontraststoffe abgetrennten Wohnungen zu erkennen. Ähnliche Geschichten erzählt auch Christel Rebuschat, die den Entstehungsprozess ihrer farbschönen Wandbehänge immer gleich neben ihre Arbeiten geschrieben hat. So kann man unter anderem erfahren, dass das Quilten im Sommer eine ganz besondere Herausforderung ist. So richtig gemüts- und herzerwärmend in diesen grauen Tagen ist die wunderbar leuchtende Gemeinschaftsarbeit „Molekularquilt“ von Rose Lindlar und Edda Gehrman. Und Renate Belands „Harlekins grauer Teppich“ zeigt, dass selbst Grautöne noch unendlich viele Schattierungen haben und ungemein dynamisch sein können. Astrid Priebs-Tröger

Bis 21. Dezember, Mi - So, 12 bis 17 Uhr

Astrid Priebs-TrögerD

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