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Kultur: Hauptsache Konsum und Action Fotografien zum Thema „Freizeit und Leere“

Auf den ersten Blick passen die Fotografien, die in der aktuellen Ausstellung in der ae-Galerie gezeigt werden, überhaupt nicht zusammen. Denn bitte was soll verblasste Blümchenmustertapeten, marode Schwimmbecken und skurrile Freizeitparks schon miteinander verbinden?

Auf den ersten Blick passen die Fotografien, die in der aktuellen Ausstellung in der ae-Galerie gezeigt werden, überhaupt nicht zusammen. Denn bitte was soll verblasste Blümchenmustertapeten, marode Schwimmbecken und skurrile Freizeitparks schon miteinander verbinden? Doch die Galeristin Angelika Euchner hat diese und andere Motive unter dem antagonistischen Titel „Freizeit und Leere“ versammelt und bei dieser Beschäftigung gemerkt, dass beide Pole ungemein vielfältig sind.

Die jetzige Ausstellung, so sagt sie im Gespräch, will der Auftakt einer Reihe sein, die beides in seinen Facetten beleuchten wird. Bis Mitte April stellen zehn Fotografen 20 Bilder aus und vor den meisten von ihnen kann man lange stehen. Die Gaudlitz-Schülerin Annette Rausch fotografierte 2014 in verlassenen Kasernen drei Jahrzehnte alte Blümchenmustertapeten und statt Leere entdeckt man beim Betrachten viele (eigene) Geschichten. Auch der Potsdamer Joachim Liebe fotografierte immer wieder russische Militärhinterlassenschaften und entdeckte im vergangenen Jahr mitten im Wald ein riesiges Schwimmbecken, das dort seit mehr als 20 Jahren im Dornröschenschlaf liegt.

Etwas ähnlich Morbides – allerdings unter südlicher Sonne – findet sich auf den Fotografien von Ernst J. Petras und Kathi Sarue, die die ruinösen Anlagen eines Beachclubs südlich von Beirut in Szene setzten, die seit Beginn des Bürgerkrieges 1975 nahezu unverändert die Küste säumen. Allerdings scheinen sich hier im Gegensatz zu Liebes Bildern zumindest zeitweilige, neue Nutzer gefunden zu haben. Aber das leere Schrecklich-Schöne zieht einen hier wie dort schnell mit seinem bröckelnden Charme in den Bann.

Der leere Raum – die freie Zeit, Freiraum, Leerzeit – sind die Themen dieser Exposition. Themen, die zu beinahe jeder Zeit nicht nur die Philosophen beschäftigt haben. K. T. Blumberg, Mathias Marx und Stefan Mühle zeigen auf ihren Fotos hingegen moderne Freizeitsituationen: Vor grandiosem Bergpanorama springen Menschen von einem hässlichen Sprungturm in die Tiefe, andere streunen in ostdeutschen Freizeitparks orientierungslos durch Panzer- und Flugzeugwracks, wieder andere sind Teilnehmer einer Bootsfahrt – direkt neben der ICE-Strecke in der Autostadt Wolfsburg.

Von Entspannung, gar Freude oder Zufriedenheit ist in den Gesichtern dieser Protagonisten nichts zu lesen. Es hat den Anschein, dass ihnen beinahe alles recht ist, um die – von der Arbeit – freie Zeit herumzubringen. Hauptsache Action, Hauptsache Konsum! Fast alle diese Bilder enthüllen – nicht auf den ersten Blick – die alle Bereiche durchdringende kapitalistische Marktlogik.

Wie wenig äußere Leere aushaltbar scheint, zeigt eine Fotografie der Absolventin der Berliner Neuen Schule für Fotografie, Sanja Ilic. Wie ein gerade gelandetes UFO wirkt das grell illuminierte Fahrgeschäft, das sie auf freiem Feld fotografiert hat. Und genau in diesem Bild sind „Freizeit“ und „Leere“ kongenial vereinigt. Denn dieses quietschbunte Rummelplatzgefährt hat nur zwei einsame Besucher. Astrid Priebs-Tröger

Ausstellung geöffnet bis 15. April. Von Mittwoch bis Freitag, jeweils 15 bis 19 Uhr und Samstag von 12 bis 16 Uhr, in der Hermann-Elflein-Straße 18

Astrid Priebs-Tröger

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