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Händel-Klänge mit der Singakademie im Nikolaisaal: Uninspiriert und langweilig

Wer wie die aus dem Madrigalkreis des Städtischen Chores entstandene und 1969 mit dem Titel „Singakademie der Stadt Potsdam“ ausgezeichnete Sangesgemeinschaft ihre Verdienste mit romantischer Chorliteratur hat, sollte gleich einem Schuster besser bei seinen Leisten bleiben, und sich nicht in barocken Händel-Gefilden tummeln, in denen sich die Potsdamer Singakademisten mangels informierter historischer Musizierpraxis nur verirren können. Wenn doch, sind mannigfaltige Probleme vorhersehbar.

Wer wie die aus dem Madrigalkreis des Städtischen Chores entstandene und 1969 mit dem Titel „Singakademie der Stadt Potsdam“ ausgezeichnete Sangesgemeinschaft ihre Verdienste mit romantischer Chorliteratur hat, sollte gleich einem Schuster besser bei seinen Leisten bleiben, und sich nicht in barocken Händel-Gefilden tummeln, in denen sich die Potsdamer Singakademisten mangels informierter historischer Musizierpraxis nur verirren können. Wenn doch, sind mannigfaltige Probleme vorhersehbar. So leider zu erleben bei ihrem Programm mit „Königlicher Musik für den englischen Hof“ am Samstag im nur mäßig besuchten Nikolaisaal.

Vier Krönungshymnen, sogenannte „Coronation Anthems“, deren originalen und übersetzten Texte in den Saal projiziert werden, eröffnen den Reigen von chorsinfonischen und orchestralen Werken von Georg Friedrich Händel. Die langsame instrumentale Einleitung zu „Zadok the priest“ findet aus monotonen Repetitionen zu anschwellender Lautstärke, von den Brandenburger Symphonikern unter Leitung von Chordirektor Thomas Hennig wirkungsvoll zum Klingen gebracht. Wie ein Tsunami brandet danach der Choreinsatz ins Auditorium, unterstützt von durchdringenden Trompetenattacken. Solche Fortissimo-Schleudern finden sich auch in den Hymnen „Let thy hand be strengthened“, „The king shall rejoice“ und „My heart is inditing“ in reichem Maße. Solche Effekte nutzen sich rasch ab, wirken auf Dauer regelrecht langweilig. Ein wenig krönungsfestlich wird es dagegen erst bei zurückgenommenen Lautstärken. Doch wenn es leise tönt, wird es in allen Stimmgruppen auch unsauber und kraftlos. Natürlich singt man vom Blatt, aber das nicht einmal sicher in den Einsätzen und im Zusammenklingen. Die Männerstimmen wirken immer wieder fahl und flach, die Soprane besonders in der Höhe technisch total überfordert. Gründen diese Eindrücke auf zu wenig Probezeiten und Stimmbildungsarbeiten?

Ohne innere Spannung und Begeisterung, ohne vokalen Farbreichtum buchstabiert sich die Sängerschar nicht nur durch die zahlreichen Fugen und Halleluja-Anrufungen der Anthems, sondern lässt auch bei der Wiedergabe des „Dettinger Te Deum“ nach wie vor große Unsicherheiten bei den Einsätzen erkennen. Leichtigkeit und Lockerheit fehlen fast völlig. So wird das „Te Deum“, festlicher Dankgottesdienst nach der von den Briten, Hannoveranern und Österreichern gegen die Franzosen gewonnenen Schlacht bei Dettingen anno 1743, zu einem wenig begeisternden Hörerlebnis. Daran kann auch Bassbariton Jochen Großmann nur wenig ändern, der zwar weiß, wie er singen muss, aber King’s Lobpreis per Arie „When Thou tookest upon Thee to deliver man“ doch reichlich ungeschmeidig und gaumig vorträgt. Auch hat er unüberhörbare Mühe mit der Höhe. Begleitet wird er vom vortrefflichen Continuo mit Cembalo und Violoncello.

Das Orchester trägt leider seinen Teil zum nicht sonderlich erbaulichen Gesamteindruck bei, denn es musiziert nicht nur beim „Dettinger Te Deum“ mehr oder weniger langweilig und uninspiriert. Auch die im Programm zwischen zwei Anthems eingeschobene F-Dur-Suite aus Händels „Königlicher Wassermusik“ darf sich an der fast völligen Abstinenz einer historisch informierten Spielweise „erfreuen“. Zwar werden die abwechslungsreichen, zwischen tänzerischem Feuer, furioser Galanterie und wiegender Beschaulichkeit kontrastierenden Sätze mit wenig Vibrato, aber viel nüchterner Sprödigkeit musiziert.

Dass Barockmusik auch ganz anders, nämlich federnd und elegant, sinnlich und berauschend, funkelnd und klangwarm, vor allem aber affektberstend klingen kann und muss, haben wir seit langem hinreichend erfahren dürfen. Nun also fast das Gegenteil. Hat der Dirigent daran nicht seinen Anteil? Ungehörig oft melden sich falsch intonierende Hörner zu Wort. Dafür klingen die Streicher sauber und präzise zusammen, die sich von dem vorlauten Klanggebaren der Bläser nicht haben beirren lassen. Das Publikum jubelt. Peter Buske

Peter Buske

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