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Kultur: „Grenzräume der Gegenwart“ Michael Lüder zeigt Fotos im Pomonatempel

Vor wenigen Tagen wurde der Tag der Deutschen Einheit begangen. Dieses epochenverändernde Ereignis ist ein staatlicher Feiertag.

Vor wenigen Tagen wurde der Tag der Deutschen Einheit begangen. Dieses epochenverändernde Ereignis ist ein staatlicher Feiertag. Aber erinnern wir uns wirklich daran, wie wir hier im Osten Deutschlands noch vor knapp zwei Jahrzehnten gelebt haben? Interessiert uns das im alltäglichen Daseinskampf oder bei der Jagd nach dem großen Geld eigentlich noch? Gelegenheit, sowohl die eigenen Erinnerungen aufzufrischen als auch etwas über den heutigen Umgang mit Geschichte zu erfahren, gibt es im Pomonatempel auf dem Pfingstberg. Der sich selbst in unmittelbarer Nähe der ehemaligen innerdeutschen Grenze befindet.

Der Potsdamer Kunstverein hat den Fotografen Michael Lüder eingeladen, hier seine fotografischen Erkundungen „Grenzräume der Gegenwart“ auszustellen. Lüder, der 1960 in Potsdam geboren wurde, begibt sich seit 2003 immer wieder an den ehemaligen Mauerstreifen in und um Berlin und Potsdam. Und fotografiert dort vor allem nachts geschichtsträchtige Orte, die ihre zeitgeschichtliche Dimension verloren haben. Wo war die Mauer?, fragen gerade Touristen auch heute noch, wenn sie die gesamtdeutsche Hauptstadt besichtigen.

Auch Lüder schaut sich vor allem die Narben der Vergangenheit an. Die besonders an der Bernauer Straße, an der Gartenstraße oder am Griebnitzseeufer ins Auge fallen. Auf seinen neun großformatigen Farbfotos kann man als Betrachter in eine besondere Atmosphäre eintauchen. Mi chael Lüder zeigt bröckelnde Überreste und Streifen von Niemandsland genauso wie üppige Natur oder gesichtslose Neubauten, die die Lücken schließen sollen.

Doch bei den meisten Fotos bleibt das Gefühl einer Leerstelle oder gar einer Fehlbesetzung. Zu schnell wurde etwas Wesentliches – zwar Trennendes und Schmerzhaftes – entfernt und keine wirkliche Alternative dazu gesucht und gefunden. Und so zeigen die Fotos auch, wie oberflächlich und gedankenlos wir oft mit unserer jüngsten Geschichte umgegangen sind.

Zwei von ihnen vermögen darüber hinaus etwas von der klaustrophobischen Stimmung zu vermitteln, die uns Eingeschlossene immer wieder befallen konnte. In der Bernauer Straße fotografierte er ein Karree aus echten Mauerresten, der metallisch glänzenden, doppelt so hohen Mauer der heutigen Mauergedenkstätte und einer Friedhofsmauer. Darüber verbreiten Peitschenlaternen das wohlbekannte kalte Licht und ein asphaltierter menschenleerer Platz spricht für sich selbst.

Auch der Blick auf die Brückenmauer am Griebenufer lässt etwas von dem damaligen Gefühl des eingemauert Seins aufscheinen. Und die Aussicht auf sanierte Häuser mit Leuchtreklamen dahinter wieder das Sehnen nach der anderen Welt. Allerdings fotografierte Michael Lüder gerade dieses Bild von Kreuzberg nach Treptow.

Nur wenige Momente in der nachhaltig wirkenden Ausstellung lassen den Besucher mit anderen Augen auf das sonntägliche Treiben vor dem Belvedere auf dem Pfingstberg sehen: Berührt von eigenen Erinnerungen verlässt er Lüders exzellent fotografierte „Nachträume“ und blickt mit Dankbarkeit und Nachdenklichkeit auf das heutige pulsierende und entspannte Leben vor und hinter dem Pomonatempel. Astrid Priebs-Tröger

Ausstellung im Pomonatempel auf dem Pfingstberg bis 2. November, Sa/So 15 bis 18 Uhr

Astrid Priebs-TrögerD

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