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Nachtleuchten. Bis Ende Juli zeigt Gottemeier sein Licht am Tiefen See.

© promo

Gottemeier-Installation am Tiefen See: Meditation im Licht

Rainer Gottemeiers Lichtinstallation "Lichte Horizonte" ist am Tiefen See zu sehen.

Rainer Gottemeier ist Spezialist für künstlerisch-wissenschaftliche Poesie. Seine Installation „Lichte Horizonte“ am Tiefen See bei der Schiffbauergasse vor dem dortigen Design Center kündet davon. Auf den seichten sommerlichen Wellen des Sees schwappen Kugelfender, verankerte kugelförmige Objekte, die ansonsten in der Schifffahrt zur Markierung von Booten, Ankerplätzen oder Wegen dienen. Bojen. Bei Tag erinnern die in unterschiedlichen Größen gestaffelten Bojen nicht gerade an Seerosen, aber schwappen in ähnlicher Weise auf den Wellen und geben der Wasserfläche ein interessantes geometrisches Muster.

In verschiedenen Seen und Halbinseln in Brandenburg hat Gottemeier eine Stiefelform entdeckt, die er mit der Anordnung der Fender nachbildet. Der italienische Stiefel ist der Bezugspunkt. Nach Ansicht von Gottemeier sollte Brandenburg durchaus ebenso stolz auf seine schöne Landschaft sein, wie die Italiener auf ihren Stiefel.

Auf den Kugelfendern befinden sich Stäbe, die in der aufkommenden Dunkelheit zu leuchten beginnen, dann auf dem Wasser schwappen und so das Ambiente in ein pulsierendes Licht tauchen, was sie wie beseelt erscheinen lässt. Musik von Jaspar Libuda begleitete das sanfte Auf und Ab der Objekte jeweils samstags. Die schwebenden, bedächtigen Klänge von Libuda unterstreichen die eindrucksvolle Atmosphäre. Gottemeier hat die Lichtinstallation schon an verschiedenen Orten realisiert: in Petzow am Haussee bei Werder, dort verbunden mit einem „Dichtungsregister“, mit dem sich der Künstler auf See- und Sternenkarten bezieht.

Die See-Installationen bilden ein konstantes Element im uvre von Gottemeier, der auch sonst mit Leuchtstoffröhren arbeitet und diese zu fantasievollen Formen biegt und installiert. Eigentlich startete der Künstler als recht erfolgreicher Liedermacher, besann sich mit der zunehmenden Kommerzialisierung des Musikgewerbes aber eines anderen und entdeckte sein Interesse an der Bildenden und Installierenden Kunst. Über Farbfeldarbeiten und die Faszination monochromer, pigmentierter Farbflächen fand Gottemeier zu seinen Lichtinstallationen. Der musikalische Hintergrund blieb erhalten. Beispielsweise in der „Cameramusic“, die zu erheblichen Teilen aus den mechanisch erzeugten Tönen von Fotokameras besteht und mit einem schwebend meditativen Klang fasziniert. Obwohl Gottemeier nie ein künstlerisches Studium absolvierte, hat er für seine Installationen mittlerweile zahlreiche Preise und Auszeichnungen erhalten.

Dies hat seinen Grund nicht zuletzt in dem einzigartigen Spannungsfeld, das der Künstler erzeugt. Einerseits laden die Lichtobjekte, ihre Anordnung, ihr sanfter Rhythmus, ihr Pulsieren und die auf sie abgestimmte musikalische Begleitung dazu ein, sich ganz der Kunst und dem Moment hinzugeben. Ist dieser Moment dann noch ein warmer Sommerabend am See, ist das umso schöner. Aber der Aufbau funktioniert auch in regengepeitschter, sturmumtobter Nacht, wie sich in Petzow zeigte.

Andererseits schwingt in den Installationen auch immer mit, was nicht unmittelbar zu sehen ist: Register von Sternen, Seekarten, geometrischen Formationen, zusammengefasst auch in kostbaren und mit höchster Sorgfalt editierten Büchern und Arrangements, die der Künstler fertigt, aber nicht ausstellt. Wissenschaftlich-künstlerische Hintergrundarbeit.

Licht ist schon seit langem ein Gestaltungselement nicht nur von Gottemeier: Dan Flavin, James Turrell, Olafur Eliasson haben Lichtobjekte geschaffen und sich dem Medium verschrieben. Dabei erweist sich das Licht als Bedeutungsträger vielfacher Botschaften. Während Turrell zunehmend spirituelle Räume schafft und Dan Flavin ordnende, reduzierte Strukturen interessieren, verschreibt sich Gottemeier der Poesie und schafft eine Atmosphäre, in der Licht in seiner reinen Schönheit wirkt. Es entsteht ein Raum, in dem der Betrachter aus dem Alltag in eine meditativ anmutende Sphäre der Harmonie von Licht, Klang und Natur enthoben wird. 

Richard Rabensaat

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