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Regisseurin Irene von Alberti.

© Thomas

Kultur: Glückssucherin

Regisseurin Irene von Alberti im Thalia zu Gast

„Tangerine“, der neue Film von Irene von Alberti, führt in die Hafenstadt Tanger in Marokko. Dieses Land habe sie einmal gepackt und seitdem nicht mehr losgelassen, erzählte die Regisseurin am Dienstagabend im Filmgespräch im Thalia. Marokko rege die Fantasie an und sei ein Wunscherfüllungsland, in dem Liebe oder auch Angst sich erfüllten. Geschichten fielen ihr dort einfach leichter ein.

In Albertis Film weilen junge deutsche Musiker in Tanger, auf der Suche nach traditionellen Klängen. Eines Abends begegnen sie in einer Bar der jungen Marokkanerin Amira. Pia, die Deutsche, ist fasziniert von der anmutigen Bauchtänzerin. Amira jedoch interessiert sich nicht nur für die so gänzlich andere Lebensweise Pias, sondern auch für deren Freund Tom. Schnell entwickelt sich eine Dreiecksgeschichte, die die schwierige Freundschaft zwischen beiden Welten auf die Probe stellt. Amira, die der Enge des traditionellen Frauenlebens entfliehen und eine Karriere als Tänzerin will, sieht in einer Affäre mit Tom ihre Chance auf ein Visum nach Europa.

Bereits im Vorfeld zu diesem Film sah Irene von Alberti in Bars und Diskotheken junge Frauen, die ihr eigentlich „normal“ vorkamen, von denen die marokkanischen Männer im Filmteam aber behaupteten, dass es ausnahmslos Huren seien. Da begann sie genauer hinzuschauen und sich Lebensgeschichten anzuhören, von denen nicht wenige in „Tangerine“ Eingang fanden. Immer mehr junge Marokkanerinnen suchen ihr Glück in den großen Städten, träumen von reichen Ausländern und einem Visum in die erste Welt. Auf dem Weg dahin landen viele in der echten Prostitution oder in der Grauzone davor.

Diesen Frauen gibt die deutsche Regisseurin eine Stimme. Das ist ein Tabubruch in der islamischen Welt. Irene von Alberti hofft, dass „Tangerine“ bald auch in Tanger gezeigt wird. Auf einem Festival in Marokko ging das junge Publikum begeistert mit, denn nicht nur die Heldinnen des Films sind starke Glückssucherinnen, die mit Pragmatismus, Solidarität und auch Fröhlichkeit den Widrigkeiten ihres Lebens trotzen.

Die Nebenrollen sind fast ausnahmslos mit Laiendarstellerinnen besetzt. Für die Rolle der Amira aber sei es schwer gewesen, eine Protagonistin zu gewinnen, da den Kandidatinnen von ihren Eltern untersagt wurde, so etwas zu spielen, erzählt Alberti. Der Film sei eine Gratwanderung. Er wolle nicht moralisch Stellung beziehen oder die Mädchen stilisieren. Vielmehr war es der Regisseurin wichtig, zwei Frauen aus unterschiedlichen Kulturen zu zeigen, die jede auf ihre Weise stark sind und sich füreinander interessieren. Denn auch die Deutsche Pia sucht und findet in Tanger etwas, dass sich vielleicht nicht mit Glück umschreiben lässt, aber doch mit Substanz und Lebenskraft. Astrid Priebs-Tröger

Astrid Priebs-TrögerD

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