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Gespräch zu „Alki, Alki“ im Filmmuseum: Tobias und sein Kumpel Flasche

Tobias hat mit Anika eine ihn liebende Frau und drei Kinder. Er ist Architekt und mit dem Freund Thomas Inhaber eines Architektenbüros.

Tobias hat mit Anika eine ihn liebende Frau und drei Kinder. Er ist Architekt und mit dem Freund Thomas Inhaber eines Architektenbüros. Alles könnte in Ordnung sein. Wäre da nicht Tobias bester Kumpel Flasche. Flasche ist wie der Schatten an der Wand, immer dabei. Fühlt sich Tobias unter Stress, entführt ihn Flasche aus der Verantwortung des Alltags in eine Welt glückseligen Rausches. Oder er stachelt ihn einfach nur so zum Feiern auf: Flasche ist Tobias' personifizierte Sucht. Und obwohl Tobias wegen Flasche immer heftigere Probleme hat, wird er ihn nicht los.

„Alki, Alki“, der neue Film von Axel Ranisch und am Dienstagabend in der Reihe „Aktuelles Potsdamer Filmgespräch“ im ausverkauften Kino des Filmmuseums zu sehen, beginnt mit einer orgiastischen Feiersequenz. Es ist die dritte Produktion des jungen Regie-Absolventen der Potsdamer Filmuniversität und der programmatischen Filmfirma „Sehr gute Filme“. Wie zuvor schon „Dicke Mädchen“ und „Ich fühl mich Disco“ besticht auch dieser Streifen durch die Warmherzigkeit und den Humor, mit der auf die Figuren und ihre tragikomische Geschichte geblickt wird.

Das Drehbuch schrieben Axel Ranisch und seine Hauptdarsteller Heiko Pinkowski und Peter Trabner gemeinsam, die Idee dazu stammt von Peter Trabner, der – ebenso wie Heiko Pinkowski – eigene Suchterfahrung in den filmischen Entstehungsprozess einzubringen hatte. Dass eine solche Ausgangssituation auch Ambivalenzen in sich birgt, wird deutlich, wenn Axel Ranisch erzählt, wie schmerzhaft die Dreharbeiten für seine Protagonisten waren und dass er Angst hatte, sie könnten rückfällig werden. Die eingebrachten Erfahrungen zählen für ihn zu den persönlichen Geschenken an den Film – wie auch die Tatsache, dass Heiko Pinkowskis drei Kinder darin mitspielen und der Schauspieler Wohnung und Auto für den Dreh zur Verfügung stellte. „Einen Film mit so vielen persönlichen Geschenken“, sagt Axel Ranisch, „kann man nur im Kontext einer Filmfamilie machen, in der wir uns bedingungslos vertrauen.“ Und er ergänzt: „Wenn man zu uns ans Set kommt, sieht das gar nicht richtig aus wie an einem Filmset. Christina Große hat es mal beschrieben als ‚da treffen sich Freunde und bearbeiten ein Thema. Und manchmal läuft auch die Kamera.' Tatsächlich ist es ein bisschen so. Wir sind ja auch ein sehr kleines Team und die Schauspieler dürfen alles.“ Seine eigene Rolle beschreibt er nicht als Regisseur, er sieht sich als Spielleiter: Nur die Geschichte ist genau ausgearbeitet und aufgeschrieben, aber jedes gesprochene Wort am Set ist improvisiert, kommt aus dem Moment heraus, alle Schauspieler haben Einfluss auf ihre Figuren. Das sei dann wie ein gemeinsames Spiel: „Alle sind involviert und arbeiten mit, es ist eher wie ein Spiel leiten.“

Zur Familie gehören nicht nur Heiko Pinkowski, Peter Trabner und Christina Große, die Anika verkörpert, sondern auch Axel Ranischs’ 93-jährige Großmutter ist wieder zu sehen. Zum ersten Mal dabei ist Thorsten Merten als Thomas, Frithjof Gawenda aus „Ich fühl mich Disco“ taucht kurz auf, Ranisch hat seine Regiekollegen Aron Lehman und Dietrich Brüggemann eingeladen, bei ihm zu spielen und Iris Berben hat einen fulminanten Auftritt als russische Großinvestorin. Auf die Musik von „Käptn Peng und die Tentakel von Delphie“ wurde Axel Ranisch aufmerksam, weil Heiko Pinkowskis Sohn sie ständig hörte. Und nun tritt Käptn Peng alias Robert Gwisdek als Troubadour in manche Szene und verleiht der Hauptfigur mit melancholischen Liedern so etwas wie eine innere Stimme.

Im Moment dreht Axel Ranisch für ARD Degeto. „Ich dachte immer, dass im Fernsehen alle über Quote reden, sei ein Klischee. Aber es ist so“, beschreibt er seine neue Erfahrung. So vergnügt-komisch, wie er über sein Projekt „Lotzmann und das große Ganze“ erzählt, darf man sich wohl trotzdem darauf freuen. 

Gabriele Zellmann

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