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Kultur: Geschichten aus Platte und Kuhkaff Preise für Kurzfilme

zum Thema Heimat

Keine Stars und Sternchen, kein roter Teppich und nur wenig Blitzlichtgewitter. Stattdessen gutgelaunte junge Leute in legeren Alltagsklamotten. Trotzdem: Die Erstauflage des „Heimat“-Kurzfilmwettbewerbs, die am Mittwoch mit der Prämierung der Siegerfilme gekrönt wurde, konnte sich sehen lassen. Moderatorin Carla Kniestädt führte betont locker durch den Abend und konnte aus den 70 eingereichten Filmen aus halb Europa am Ende fünf Gewinner verkünden.

Die Hauptpreise gingen an „Das kleine Leben“ von Benjamin Entrup, „Radfahrer“ von Marc Thümmler und „Kuhkaff“ von Antje Engelmann. Zwei Sonderpreise bekamen Daniela Reuss für „Zimmer“ und Daniel Hyan für „Moabit Vice“.

Der Gewinner, der jungenhafte und fast zwei Meter große Absolvent der Filmakademie Ludwigsburg, Benjamin Entrup, hat sich mit seinem Abschlussfilm an ein spannendes Experiment gewagt. In einer Plattenbausiedlung in Stuttgart-Botnang hat der Mitzwanziger an ein Dutzend Türen geklopft und die deutlich älteren Bewohner nach ihrem „kleinen Leben“ befragt. Wünsche, Träume, Gefühle und Niederlagen der Menschen aus mehrerer Herren Länder spiegeln in gerade mal 23 Minuten beeindruckend und berührend den Makrokosmos Deutschland. Laudatorin Ines Baumann, Studentenvertreterin in der Jury, meinte völlig zu Recht, dass Benjamin Entrup ein kleines Meisterwerk gelungen sei.

Gar nicht wie ein Film, sondern eher wie eine „beseelte“ Fotodokumentation kam der zweitplatzierte „Radfahrer“ des Potsdamer Studenten Marc Thümmler daher. „Radfahrer“ war der Stasi-Codename des Ostberliner Fotografen Harald Hauswald. Thümmler hat in seinem Abschlussfilm die minutiösen Spitzelberichte über den Fotografen kongenial mit dessen Fotos aus den 80er Jahren ohne weitere Kommentare zusammengeführt. Entstanden ist eine beeindruckende ästhetische und zugleich immer noch erschütternde Erinnerung an „unsere“ damalige Heimat. Auch Harald Hauswald, der im Filmmuseum anwesend war, bestätigte diesen Eindruck und sagte, dass er trotz aller Systemkritik doch auch damals ein Stück Heimat fotografiert habe.

Rindviecher, Ackerland und Einfamilienhausidylle – so weit das Auge blicken kann. Dazwischen drei Jugendliche, die augenscheinlich fehl am Platze sind. Bis ein fulminanter Rapsound in ihr Leben kommt und „ihr“ Kuhkaff im wahrsten Sinne des Wortes platt macht. Mit viel Augenzwinkern und sehr professionellem Schnitt hat die Drittplatzierte Antje Engelmann ihren 7-Minuten-Film versehen, den sie gemeinsam mit ihren Geschwistern auf die Beine gestellt hat. Hut ab vor so viel spielerischer Leichtigkeit beim Abschied von der Kindheitslandschaft. Wunderbar auch die skurrile 4-Minuten-Geschichte um ein monsterbesetztes Zimmer von Daniela Reuss und die gekonnte Persiflage der legendären Fernsehserie „Miami Vice“, die Daniel Hyan gelang.

Fazit: Sehr vielschichtige und gelungene Auseinandersetzungen mit dem Thema „Heimat“, überaus originelle Handschriften und ganz unterschiedliche Kurzfilm-Genres.Astrid Priebs-Tröger

Astrid Priebs-TrögerD

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