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Gesangskunst in Potsdam: Wirbelnde Winde zur Räson gerufen

Musikalisches Funkensprühen: Andreas Spering und die Capella Augustina in der Friedenskirche.

Potsdam - Für die Zeitgenossen Johann Sebastian Bachs war seine Musik eine eminent dramatische. Von daher ist es gut vorstellbar, dass der Barockkomponist eine Oper hätte schreiben können, aber die Zufälle seiner Biografie ließen es dazu nicht kommen. In der Zeit Bachs ging es vor allem darum, Affekte, starke Gefühle in Musik darzustellen. Die Kantate „Geschwinde, ihr wirbelnden Lüfte“ BWV 201 aus dem Jahre 1729 macht die musikalische Rivalität zwischen dem Sonnengott Phoebus, auch Apollo genannt, und dem Hirtengott Pan zum Geschehen. Die tobenden Winde werden hierbei nicht entfacht, sondern zur Räson gerufen und in eine Höhle verbannt, um dem folgenden Wettstreit, dem „Hin- und Widerschallen“, volle Aufmerksamkeit zu garantieren.

Mit großer Begeisterung haben am Samstag die Zuhörer in der Friedenskirche an dem musikalischen Ereignis teilgenommen. Die Wiedergabe durch den Dirigenten Andreas Spering, die er mit der Capella Augustina Köln, der Vokalakademie Berlin (Einstudierung: Frank Markowitsch) und sechs Gesangssolisten in historisch informierter Musizierpraxis bewerkstelligte, hatte fast einen theatralischen Zugriff. Aber auch ohne szenische Darbietung machte es Freude, die weltliche Kantate zu hören, denn die Mitwirkenden hatten sichtbar ihren Spaß an der Kantatenkunst. Auch dem differenzierten und frischen Zugriff Andreas Sperings waren sie sehr gewogen und machten aus dem musikalischen Witz des Streits zwischen Phoebus und Pan ein musikdramatisches Funkensprühen.

Innerhalb der stimmlich versierten Solistenriege fielen besonders Tobias Berndt als Phoebus und Martin Winckler als Pan auf. Nicht nur dass sie mit ihren Bass-Stimmen gewichtig aufwarten konnten, sie sangen ihre Partien expressiv und komödiantisch. Humorvoll gestaltete auch der blendend singende Tenor Tobias Hunger, der kurzfristig für einen erkrankten Kollegen einsprang, den Juror Midas. Auch der Countertenor Benno Schachtner ließ seine sängerischen Qualitäten bestens zum Klingen bringen. Die Schärfe des schlanken Soprans von Hannah Morrison und der etwas noch schmale Tenor von David Szigetvári fielen dagegen etwas ab.

Gegenüber der Bachschen Musik wirkte „Die Donnerode“ des anderen Barockkomponisten, Georg Philipp Telemann, erstaunlich geradlinig und ein wenig trocken. Das Werk, das die Psalmen 8 und 29 zur Grundlage hat, rühmt die Allmacht Gottes: „Wie ist dein Name so groß, mit welchem Ruhme geschmücket ...“. Es hat einen relativ überschaubaren Bau, wartet mit schönen melodischen Eingebungen und einer fast pompösen Festlichkeit auf. Die Darbietung unter Andreas Sperings Dirigat war schwungvoll und dem Charakter der Ode entsprechend unter Andreas Sperings Dirigat sangen und musizierten Hannah Morrison, Benno Schachtner, Tobias Hunger, Tobias Berndt und Martin Winckler, die Vokalakademie sowie die Capella Augustina schwungvoll und dem Charakter der Ode entsprechend in festlichem Format.

Von erfrischend tänzerischem Temperament und Klangfreude war auch die eingangs von der Capella Augustina gespielte Orchestersuite Nr. 3 in D-Dur BWV 1068 von Bach geprägt, bei der das stille Air, der zweite Satz, mit großer Natürlichkeit musiziert wurde. Die wirbelnden Winde der Kantate um Phoebus und Pan kamen erst später in Aktion. Aber dann eben mit Volldampf. 

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