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Kultur: Gemäldefund im Depot

Schlösserstiftung übergab 17 Kunstwerke aus der Nazizeit an das Deutsche Historische Museum

„Kämpfendes Volk“ - dieses Gemälde von Hans Schmitz-Wiedenbrück (1907 - 1944) werden die Besucher in der vom Deutschen Historischem Museum Berlin (DHM) angekündigten Ausstellung „Kunst und Propaganda“ sehen. Es steht als Beispiel dafür, wie die Nationalsozialisten auch die Malerei für die Volksverführung instrumentalisierten. Dass dieses am Kriegsende 1945 verschollene Bild überhaupt noch existierte, war bis vor kurzem ungewiss. Nun aber wurde es im Depot des Potsdamer Neuen Palais aufgefunden, dazu weitere 16, die vom Goebbelschen Reichspropagandaministerium im Münchener Haus der Deutschen Kunst erworben worden waren.

Rechtmäßiger Eigentümer der Gemälde ist heute der Bund, der sie dem DHM als Dauerleihgabe zur Verfügung stellte. Gestern übergab der Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Hartmut Dorgerloh, die letzten beiden der aufgefundenen Bilder an Museumschef Hans Ottomeyer. Dabei handelt es sich um das Kolossalgemälde „Bauernfuhrwerk“ von Julius Paul Junghanns und die Allegorie „Die Nacht begleitet den Morgen“ von Rudolf Hermann Eisenmenger. Ihr künstlerischer Wert ist gering; sie stellen aber wichtige historische Zeugnisse der Kunst im Nazireich dar.

Der Fund ist Barbara Bauer zu verdanken, die in der Schlösserstiftung als Provenienzforscherin tätig ist. Sie geht dem Ursprung der rund 1000 Gemälde und anderen Kunstwerke wie einer 600-bändigen Bibliothek, Skulpturen, Möbel, Graphik und Porzellan nach, die nach 1945 zunächst in ein zentrales Lager der Provinzialregierung in den Neuen Kammern und später ins Depot im Neuen Palais kamen. Diese Werke gehören der Stiftung nicht und passen auch nicht in ihre zeitlich auf das Ende der Monarchie (1918) begrenzten Sammlungen. Sie waren im Krieg an sichere Orte gebracht oder während der Bodenreform aus märkischen Herrenhäusern ausgelagert worden. Einige stammen aus der Rückgabe von Kunstgut durch die Sowjetunion 1956 und 1958.

Barbara Bauer fand heraus, dass die 17 jetzt entdeckten Bilder vom Propagandaministerium ins Schloss Metzeltin bei Neustadt/Dosse verbracht worden waren. Sie nahmen Schaden, als die Sowjetarmee 1947 hier ein Kornmagazin einrichtete. Die Leinwand wurde aus dem Rahmen geschnitten und gefaltet, größere Formate wurden einfach durch die Fenster auf den Hof geworfen. Die Landesregierung ließ sie bergen und übergab sie in den 50er Jahren an Sanssouci.

In 67 Fällen hat die Stiftung dank der Forschungsarbeit Barbara Bauers bereits Kunstgut an die Eigentümer oder ihre Erben zurückerstatten können. Dazu gehören u.a. Nachkommen von Adeligen, die als Widerständler gegen Hitler nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 nicht nur ihr Leben, sondern auch ihren Besitz verloren. Auf Wunsch der Familien ist die Öffentlichkeit in den meisten Fällen über diese Rückgaben nicht informiert worden. Die Kunsthistorikerin hat auch die aus jüdischem Besitz stammenden Kunstwerke ermittelt, wozu bisher keine Anfragen bei der Stiftung eingegangen waren. Es handelt sich lediglich um vier Stücke. Die Suche nach den Erben der Besitzer gestaltet sich schwierig, doch ist sie jetzt in einem Fall gelungen.

Wie Prof. Dorgerloh erläuterte, wartet die Stiftung nicht auf die ohnehin spärlich eingehende Anfragen von Alteigentümern, sondern betreibt aktiv Provenienzforschung. Dafür hat sie eine Personalstelle geschaffen, wie es sie noch längst nicht in allen wichtigen Museen und Stiftungen gibt. Für die Stiftung sei es selbstverständlich, nach Klärung der Eigentumsfrage die Kunstwerke herauszugeben. Diese Haltung erwarte sie natürlich ebenso von Einrichtungen, die noch im Besitz von Kunstgegenständen der Schlösserstiftung sind.Erhart Hohenstein

Erhart Hohenstein

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