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Kultur: Gelebte Träume

Mit „leisen Filmen“ gingen die 4. Globians zu Ende

Ganz zum Schluss kommt oft das Beste. Oder zumindest etwas Besonderes. So war es auch auf dem diesjährigen 4. Globians Dokumentarfilmfestival, das nach zehn Tagen am Wochenende mit einer Werkschau des Oldenburger Filmemachers Karl-Heinz Heilig im Alten Rathaus zu Ende ging. Nach über hundert verschiedenen Dokumentarfilmen aus aller Welt, bot sich jetzt die Gelegenheit, die Handschrift eines Regisseurs genauer kennen zu lernen.

Nicht so ungewöhnlich ist der Werdegang des norddeutschen Filmemachers. Karl-Heinz Heilig, Jahrgang 1953, studierte Forstwissenschaften sowie Stadt- und Regionalplanung. Er lehrte historische Ökologie und arbeitete danach zehn Jahre lang als Journalist und Autor für den WDR in Köln. Doch bald gründete er parallel dazu seine eigene Film- und Medienproduktion, um die Filme zu machen, die ihm selbst wichtig sind und die wegen der ungewöhnlichen Ästhetik, ihrer ganzheitlichen Fragestellungen und des gänzlich anderen Rhythmus nur schwer ins abendliche Fernsehprogramm passen.

Im Mittelpunkt stehen, wie er selbst am Samstagabend im Alten Rathaus sagte, „einfache“ Menschen, die etwas tun, das andere berührt. In den Filmen „Geträumtes Leben – Gelebter Traum“ (2004) und „Alles vor unserer Tür“ (2007) sind das der Architekt Otto Schärli, der Bildhauer Gerhard Helmers, der Holzbaukünstler Peter Seifert und die Heil- und Wildkräutergärtnerin Helga Köhne. Diesen Menschen ist es gelungen, einschneidende oder sogar traumatische Lebenserfahrungen als Chance zu begreifen und dabei den eigenen inneren Weg zu finden.

Helga Köhne kehrte nach einem schweren Unfall, 35-jährig, gezwungenermaßen in ihr kleines friesisches Heimatdorf zurück. Hier entdeckt sie den Garten ihrer Kindheit wieder und findet als Gärtnerin, Heilerin und Geschichtenerzählerin zu ihrer eigentlichen Bestimmung. Der Holzbaukünstler Peter Seifert war evangelischer Gemeindepfarrer, als er anfing, mit den eigenen Händen und ohne vorherige Erfahrung ein Haus aus Holz zu bauen. Zehn Jahre arbeitete er daran und veränderte sich und sein Leben dabei.

„LebensBauGeschichten“ hat Heilig diese ungemein sensiblen Porträts genannt, die im ureigenen Rhythmus der Protagonisten zeigen, wie etwas ganz Originäres, wie beispielsweise die von musikalischen Harmonien geprägten menschenfreundlichen Bauten des Schweizers Otto Schärli entstehen oder der Bildhauer Helmers sein eigenes inneres Strömen im Wasser entdeckt und danach den Steinen entlockt. Karl-Heinz Heilig findet diese Menschen, die nicht im Rampenlicht stehen, mit Hilfe vieler anderer Menschen. Denn zur Realisierung seiner oft mehrjährigen Filmprojekte - vor jedem Porträt steht ein intensiver Austausch mit dem Hauptdarsteller - brauchte er schon von Anbeginn Unterstützer, die seine Projekte finanziell ermöglichen. Für seinen ersten Film "Das Haus der Märchen" (1999) hatte er noch das eigene Haus verpfändet. Durch diese Suche, über Bekannte und Freunde per Mundpropaganda weitergetragen, entwickelte sich ein euroweites Netzwerk von 5000 Menschen, die heute seine Filme ideell und finanziell unterstützen.

Diese scheinen, genauso wie die kleine Zuschauerschar im Alten Rathaus, mit den stillen, poetischen und zutiefst menschlichen Filmen Karl-Heinz Heiligs in eine tiefgreifende Resonanz zu gelangen. Die berührenden Geschichten, seine beseelten Bilder von Menschen und der Natur sowie die großartige Musik, die extra für den jeweiligen Film komponiert wird, sind dabei nur ein Teil des Erfolgsrezeptes. Astrid Priebs-Tröger

Astrid Priebs-Tröger

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