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Geburtstagsfeier im Filmmuseum Potsdam: Schwermütig und leichtfüßig

Der Schauspieler Hermann Beyer ist aktuell in der Netflix-Serie "Dark" zu sehen. Seinen 75. Geburtstag feierte er im Potsdamer Filmmuseum.

Potsdam - Leichtfüßig betritt er die Bühne und leichtfüßig bestreitet er das viel zu kurze Filmgespräch. Nur einen Tag nach seinem 75. Geburtstag ist der Schauspieler Hermann Beyer ins Filmmuseum gekommen, um sich am Donnerstag bei der rbb-Filmlounge den Fragen von Knut Elstermann zu stellen. Er tänzelt mit seinen Antworten munter um allzu Konkretes herum. Steht auf, deutet an, spielt Anekdötchen. Streift die Arbeit beim Film, an der Volksbühne und am Berliner Ensemble, wo er mit Heiner Müller, Fritz Marquardt, Michael Gwisdek und anderen den Texten hartnäckig abtrotzte, was in ihnen steckt.

Vieles bleibt vage in diesen Erinnerungssplittern, die Fäden lose. Stringent erzählte Geschichten über sich selbst liegen Beyer fern. Da hilft auch kein Nachhaken. Und doch bekommt man einen Eindruck von diesem eigensinnigen, kauzig-sympathischen Charakterschauspieler, der aus dem thüringischen Altenburg stammt. Im März 1943, als seine Mutter mit ihm hochschwanger war, kam die Todesnachricht vom Vater. Gefallen an der Front. Auch das erzählt er nicht so genau, ist aber in der Biografie seines Bruders nachzulesen: bei Frank Beyer, dem Regisseur von „Spur der Steine“, „Jakob der Lügner“. Warum die Brüder, die auch dreimal zusammen arbeiteten, beim Film landeten? Hermann Beyer erinnert sich an Geburtstage, wo sich die Männer der Familie Frauensachen überzogen, sich die Frauen als Männer verkleideten und es ein großes Gaudi gab. Auch die Theateraufführung des Antikriegsstücks „Die Waffen nieder“ von Bertha von Suttner beeindruckte ihn als Kind.

Scheut vor Serien nicht zurück

Seine Herkunft trägt er noch immer auf der Zunge: Solche „charmant leichte Einfärbung gehört zu großen Schauspielern“, schmeichelt Elstermann. Beyer pariert: „Ich hätte gern auch beim Funk gearbeitet. Aber da hieß es: Der redet so sächsisch, den kann man nicht auf Sendung lassen“. Er ging fleißig zu Sprechproben und erkannte: „Wenn man alles wegwischt, wird die Sprache unlebendig.“ Beyers Sprache blieb lebendig. Auch die des Körpers, der inneren, individuellen Haltung. Bis heute ist er regelmäßig im Film zu sehen, sogar auf Netflix in der Serie „Dark“. Er runzelt bei Tatort und Serien nicht die Stirn, wie es einst sein Bruder tat. Hermann Beyer spielt. Und hält sich dadurch fit, wie man sieht.

Er begrüßt in der Pause alte Kollegen wie Roland Oehme, Herbert Köfer, Jutta Hoffmann, die im halbgefüllten Filmmuseum dem Jubilar zuschauen. So beim bewegenden Film „Der Kontrolleur“ aus dem Jahr 1995, in dem Beyer einen DDR-Grenzer spielt, der 30 Jahre lang im Grenzgebiet zwischen Potsdam und Berlin tätig war. Mit dem Fall der Mauer wird er entlassen. Das war das Regiedebüt von HFF-Absolvent Stefan Trampe. Der ging, wie er am Rande der Veranstaltung erzählt, in der Kantine vom Berliner Ensemble ganz mutig auf den von ihm verehrten Hermann Beyer zu und fragte, ob er bei ihm mitspielen würde. Beyer wollte. „Ich habe als Anfänger Vieles aus dem Bauch gemacht und war dankbar, dass gestandene Schauspieler wie Hermann Beyer und Ulrike Krumbiegel improvisierten und Angebote machten“, so Trampe.

Anders als der „Kontrolleur“ fand Beyer auch nach dem Mauerfall schnell wieder Arbeit. „Ich müsste mich wohl zu den Wende-Gewinnern zählen, aber das ist ein blöder Begriff.“ Das Thema Umbruch und Verlust spielt auch im Gwisdek-Film „Treffen in Travers“ eine Rolle. Ein 1988 extrem radikaler und mutiger Defa-Film. Hermann Beyer zeigt hier mal wieder seine ganze Wandelbarkeit: schwermütig und leichtfüßig zugleich. 

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