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Szene aus "Spur der Steine".

© Defa-Stiftung

Geburtstag: Kiiino, Kiiino!

Das Babelsberger Thalia-Kino feiert heute seinen 100. Geburtstag – mit einer Buchpremiere, 10 Lieblingsfilmen und einer Gala Wir gratulieren! Und befragen Kinoleiter Thomas Bastian zu Kiez, Kindern und Potsdams Kinokultur.

Das Thalia wird heute 100 Jahre alt, es gehört zu Babelsberg wie die Friedrichskirche oder das „Karli“. Wie sehr prägt das Kiezkino den Stadtteil und die Kultur in der Stadt?

Wir locken Menschen nach Babelsberg: Berliner, Menschen aus dem Umland, aus anderen Potsdamer Stadtteilen. Und diese Besucher sorgen für einen lebendigen Stadtteil. Das sieht man, wenn man im Sommer mit der S-Bahn aus Berlin kommt. Die gesamte Rudolf-Breitscheid- Straße erstrahlt am Abend im Licht von Kneipen, Restaurants, da sieht man Menschen draußen vor den Türen sitzen. Da weiß ich, dass das Kino diese Entwicklung massiv befördert hat. Denn in den Jahren zuvor, als es dem Thalia schlecht ging, waren Gastronomen im Umfeld von der Schließung bedroht. Denen fehlten unsere Kinogäste. Das Kino sorgt für Leben im Stadtteil.

Zehn Filme aus zehn Jahrzehnten ist das Motto des heutigen Thalia-Jubiläums. Wer hat die Auswahl über die Filme getroffen?

Wir wollen vor allem ein Erinnern an 100 Jahre Kino. Ich hatte die Idee, je einen Film aus einer Dekade zu zeigen. Unsere Programmplanerin Christiane Niewald hatte dann eine Vorschlagsliste mit über 20 möglichen Filmen zusammengestellt. Denn es ist auch gar nicht so einfach, die Rechte zur Vorführung für jeden Film zu bekommen. Und dann haben wir entschieden, welche zehn Filme es schließlich sein sollten.

Ist denn verbrieft, dass alle gezeigten Filme auch wirklich im Thalia gelaufen sind?

Naja, bei „Spur der Steine“ wissen wir es genau. Der Film wurde im Thalia 1966 uraufgeführt. Und ich denke, dass alle Defa-Produktionen und auch die Nachwende-Filme natürlich hier gelaufen sind. Bei den Filmen vor der Defa-Zeit können wir es aber nur vermuten, da fehlen die Aufzeichnungen.

Haben Sie einen Lieblingsfilm unter den zehn ausgesuchten Werken?

Ich mag die Kinderfilme besonders. „Wir kaufen eine Feuerwehr“ finde ich total klasse. Aber auch „Good Bye, Lenin“ hat mich sehr begeistert. Und letztlich sind Klassiker wie „Das Cabinett des Dr. Caligari“ oder „Metropolis“ immer sehenswert – und bei diesen Filmen kommt ja dann auch die Verbindung zu Babelsberg und zu den Filmstudios zur Geltung.

Das Thalia liegt in der Nähe zum Studio Babelsberg, wirkt sich das auf das Kino und seine Besucher aus?

Die Studios liegen vielleicht zwei Kilometer von unserem Haus entfernt, diese Nähe zum Film in Potsdam prägt unser Publikum. Gerade das vergangene Jahr zeigt das exemplarisch. Die Filme „Kundschafter des Friedens“, „In Zeiten des abnehmenden Lichts“, „Timm Thaler“ und „Vorwärts immer“ haben alle einen Bezug zu Potsdam oder sogar zu Babelsberg. Die vier Filme sind bei uns überdurchschnittlich gut gelaufen – da war die thematische Nähe zum Ort sicherlich entscheidend. Außerdem muss man den Filmenthusiasten nicht erklären, wo Babelsberg ist – die kennen den Stadtteil dank der Studios.

Das Thalia-Publikum gilt auch als besonders filmerfahren

und das merken die Filmemacher ganz intensiv, wenn sie bei uns uns ihre Filme vorstellen. Sie wissen, dass das Thalia-Publikum ein sehr profundes Filmwissen besitzt. Regisseure und Schauspieler sagen uns immer wieder, dass das Publikum in Potsdam oft kenntnisreich und detailliert nachfragt, ein filmisches Grundwissen hat, das anderswo nicht so vorhanden ist. Das liegt sicherlich auch daran, dass die Filmbranche in Potsdam ein Zuhause hat. Da kommen selbst Regisseure manchmal ins Trudeln, wenn konkrete Nachfragen zu Kamera, Ton oder sogar Finanzierung oder Drehaufwand kommen.

Wie wichtig sind dabei Filme aus Babelsberg für das Thalia?

Wir versuchen, von der Nähe zu den Filmstudios zu profitieren. Natürlich hätten wir gern Requisiten aus Babelsberger Filmen in unserem Kino ausgestellt, doch die Versicherungskosten sind da einfach zu hoch. Aber wir versuchen, mit Gesprächen oder besonderen Aktionen die Verbindung zu Filmen aus Babelsberg zu betonen – so zum Beispiel beim Kinderfilm „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“, der in Babelsberg gedreht wurde und im März bei uns laufen wird.

Kinder- und Familienfilme sind ein Schwerpunkt im Thalia. Wie wichtig ist denn der Nachwuchs?

Kinder und Eltern machen mittlerweile fast ein Drittel der gesamten Zuschauerzahl aus. Und wir pflegen dieses Klientel. Wir haben seit langem Schulvorstellungen im Programm, nahezu jeden Tag laufen Kinderfilme. Es gibt das Kinderwagenkino, bei denen Eltern mit ihrem Nachwuchs im Wagen in den Saal kommen können. Wir machen Vorpremieren im Kinderkino, haben Gäste aus Kinderfilmen. Wir behandeln das im Grunde genauso wie das Kino für die Großen. Die wachsende Zuschauerzahl in dem Altersbereich widerspricht auch der These, dass das Kino nahezu gestorben sei. Schön und lustig ist es, im Sommer vor dem Thalia zu sitzen, wenn Eltern mit ihren Kindern an unserem Haus vorbeigehen. Die Kleinen schreien dann plötzlich „Kiiino, Kiiino“. Die treiben dann ihre Eltern in unsere Filme.

Seit 1997 führt Thomas Bastian das Thalia Kino in Babelsberg. Er richtete das Filmtheater neu aus, für das Programm wurde es 2016 als bestes Kino Deutschlands ausgezeichnet.

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