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Kultur: Gastmahl für ein Gefühl

Ein Symposium über die Liebe in der Popmusik

„Jeden Tag übe ich, um ein paar kluge Zeilen zu finden, mit denen wahr wird, was es bedeutet“, heißt es in dem Song „Something stupid“. Hier sucht einer nach den richtigen Worten für ein Gefühl, das früher Anlass bot für poetische Liebeswerbungen. Im 20. Jahrhundert ist daraus „etwas Dummes“ geworden. Doch zu „Something stupid“ gehört auch der erotische Rhythmus der Rumba, dem Liebestanz schlechthin. Damit sieht die Sache schon ganz anders aus. Es zeigt sich einmal mehr, dass der Ton die Musik macht.

Seit Jahrtausenden ist die Liebe das am meisten besungene Gefühl. Nachdem sich die Künste im 20. Jahrhundert jedoch aus der Beschwörung und Verklärung der Liebe weitgehend verabschiedet haben, konnte die einstige sogenannte Himmelsmacht im weiten Feld der Popmusik gut überleben. Auf dieses bislang wissenschaftlich wenig erforschte Gebiet zielt ein Symposium im Einstein Forum. Das Thema füge sich bestens in die seit 2003 bestehende Veranstaltungsreihe „Passion(s) in Culture(s)“ ein, sagt Philosoph Rüdiger Zill, der mit Martin Schaad, dem stellvertretenden Direktor des Hauses, die Veranstaltung mit dem doppelbödigen Titel „Herztöne“ geplant hat. Auch die Philosophie pflegt von jeher eine innige Beziehung zur Liebe. Schon der griechische Philosoph Platon näherte sich diesem menschlichen Phänomen in seiner berühmten Schrift vom Gastmahl.

Als methodische Leitlinie des morgigen Symposiums dient die Diskursanalyse, nach der Musik und Liebe Formen und Inhalte kultureller Kommunikation bilden, die unser Verständnis und unseren Umgang prägen. Martin Schaad untersucht das Nachklingen des Religiösen im Liebeslied, während der diesjährige Einstein Fellow, Nimrod Reitman, sich dem Phänomen über den berühmten Satz des Psychoanalytikers Jacques Lacan nähert: „Liebe stößt immer auf Gegenliebe“ und vergleicht dabei ein Liebesgedicht der israelischen Dichterin Lea Goldberg mit einem Lied der amerikanischen Sängerin Nina Simone.

Mit der Kommunikation von Liebe durch das Medium der Musik beschäftigt sich Rüdiger Zill am Beispiel des preisgekrönten Independent Films „Once“, der eine moderne Liebes- und Musikgeschichte zwischen zwei jungen Menschen wunderbar selbstverständlich erzählt. Vom Privaten in Politische zielen zwei weitere Vorträge. Während Elisabeth Bronfen die „Liebeslieder an die Nation“ von Marlene Dietrich und Zarah Leander einander kritisch gegenüberstellt, behandelt Bernd Greiner am Beispiel von Songs und Chansons wie „Nathalie“ und „Imagine“ das historische Feld von Liebesliedern in der Zeit des Kalten Kriegs.

Zum krönenden Abschluss des Gastmahls wird Susan Neiman, Direktorin des Einsteinforums, mit der Sängerin und Komponistin Inga Humpe über den Humor in Liebesliedern debattieren. Im Mittelpunkt stehen Humpes Lied „Wir trafen uns in einem Garten“ und eben jenes „Something stupid“ von Carson Parks, das seit der Urfassung von 1966 ein Welthit wurde, den schon Frank und Nancy Sinatra, Robbie Williams und Nicole Kidman, Michael Bublé und Reese Witherspoon sangen. Babette Kaiserkern

„Herztöne. Inszenierungen der Liebe in der populären Musik“, morgen 10 – 20 Uhr im Einstein Forum, Am Neuen Markt 7

Babette Kaiserkern

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