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Frauen für die Kunst. Sandra Schindler (r.) und Kathrin Behrens haben am 21. November 2019 die Galerie Sprungbrett eröffnet. Sie soll den Kunstmarkt bereichern.

© Varvara Smirnova

Galerie Sprungbrett eröffnet: Neue Kunst für Potsdam

In der Charlottenstraße eröffnet die Galerie Sprungbrett. Sie zeigt Werke junger regionaler Künstler.

Potsdam - Die Potsdamer Galerielandschaft ist um eine Facette reicher. In der Charlottenstraße, im Zentrum der historischen Innenstadt, eröffnet die Galerie Sprungbrett. Der Name sei Programm, sagt Kathrin Behrens. Zusammen mit Sandra Schindler möchte sie jungen, aber auch einigen bekannten Potsdamer Künstlern ein Sprungbrett in den Kunstmarkt sein.

Sie habe sich in den vergangenen Jahren intensiv mit Kunst befasst, Kurse an Hochschulen besucht, Einblick in den Kunst- und Galeriemarkt gewonnen, sagt Schindler. Behrens hat viele Jahre in der Unternehmenskommunikation gearbeitet, Marken positioniert und ausgerichtet. Kunst müsse auch mit der Inneneinrichtung zusammen passen, konstatiert Behrens. Sie hat bereits Konzepte für Potsdamer Unternehmen ausgearbeitet, in denen sie für neu entstehende Räumlichkeiten die passende Kunst zum Logo und zur Unternehmensfarbe zusammen gestellt hat.

„Wir möchten, dass die Besucher sich hier wohl fühlen, die Kunst betrachten und dann auch in unserer virtuellen Galerie stöbern“, sagt Behrens über das Konzept der Galerie. Die Wände sind dicht an dicht mit vielfältiger, meist kleinformatiger Kunst bestückt. Gerahmte Kleinformate von Andreas Hildebrandt und Vinzenz Thuine zeigen die Vielfältigkeit des Mediums Zeichnung.

Zwischen den Papier- und Leinwandarbeiten hocken Filzpuppen. Oscar Wild, Greta Thunberg, Andy Warhol, Neo Rauch sind auf Puppenformat von ungefähr 50 Zentimeter geschrumpft und bevölkern nun den Ausstellungsraum. Seit mehr als fünf Jahren kreiert Simone Westphal Skulpturen bekannter Persönlichkeiten aus Filzmaterial. Im vergangenen Jahr hielt der Post Mortem Felted Club in verschiedenen Kunstorten Einzug. Zusammen mit Menno Veldhuis hatte Westphal Abbilder bekannter, früh verstorbener Künstlerpersönlichkeiten geschaffen. Auch hinter der aktuellen Skulpturenproduktion stecke ein Konzept, zu dem sich die Künstlerin allerdings noch nicht äußern möchte. „Wenn es soweit ist, werde ich damit an die Öffentlichkeit gehe“, so Westphal. Der Blick auf die Puppen verführt unmittelbar dazu, sie zu berühren. „Schon mancher Besucher hat gefragt, ob er sie streicheln kann“, sagt Westphal.

Die 1971 geborene Mutter zweier Kinder begann während eines Amerika-Aufenthalts damit, die Filzskulpturen zu schaffen. Hatte sie zuvor gemalt und gezeichnet, ging es nun darum, kreativ zu bleiben und ein sichtbares und greifbares Ergebnis in überschaubarer Zeit zu bewerkstelligen. Wobei die gegenwärtig entstehenden Skulpturen in ihrer Detail- und Ausdrucksgenauigkeit sicherlich deutlich über die möglicherweise schnell geschaffenen Werke der Anfangszeit hinaus gehen dürften.

Den Gegenpol zu den gut erkennbaren Puppen Westphals bildet die Malerei Ahmed Ramadans. 2011 ist der 1988 geborene Syrer nach Deutschland geflohen, nachdem er bei einer willkürlichen Polizeikontrolle aufgegriffen und inhaftiert worden sei, so Ramadan. 36 Stunden habe er sich in Haft und in den Händen drei verschiedener Geheimdienste befunden. Darunter auch ein recht berüchtigter. Zwei der Personen, die mit ihm verhaftet worden seien, seien immer noch verschollen. In Syrien hatte Ramadan an der dortigen Universität Kunst studiert. Nach seiner Flucht setzte er dies an der Universität der Künste in Berlin fort, hat in diesem Jahr sein Studium abgeschlossen und auch bereits eine Auszeichnung erhalten. Die drei Bilder, die in der Galerie Sprungbrett nun zu sehen sind, beziehen sich nach Aussagen der Künstler auf die drei Stadien seiner Haft. Dazu gebe es auch einen poetischen Text, den er im Internet einsehbar machen wollen und der mit den Gemälden eine Einheit bilde. Die Bilder allerdings sind abstrakt. „Figuren waren der Ausgangspunkt. Davon wollte ich mich lösen“, sagt Ramadan. In Syrien sei eine streng figurative Kunst gelehrt worden. Erst nach dem Studium sei der Weg in die Abstraktion erlaubt gewesen.

Irgendwo zwischen Abstraktion und konkret Erkennbarem pendeln die Bilder von Su Weiss. Nach einem Vordiplom in Architektur wechselte sie zur Kunst. Anklänge an architektonische Konstruktionen finden sich in ihren Bildern ebenso wie an Landschaft und Natur. Die Verbindung von Spannung und Ruhe, von Geometrischem und floral Fluidem sei ihr wichtig, sagt die in Potsdam lebende Künstlerin.

Mit nur einem Objekt ist der Künstler Jakob Limmer in der Galerie Sprungbrett vertreten. Ein großes schwarzes Viereck, auf dem sich eine orangefarbene Rundform befindet. Limmer studiert derzeit Medienkunst an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Die Rillen auf der orangen Form lassen die Assoziation an die Rillen eines Fingerabdrucks aufkommen. Das Objekt wirkt sonderbar, rätselhaft, aber auch faszinierend. Es ist eines, das sicher länger und intensiver wahrgenommen werden möchte. Ob die als Käufer anvisierten Unternehmensberater und Wirtschaftsprüfer dafür die entsprechende Muße aufbringen, wird sich zeigen.

Richard Rabensaat

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