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Gärten und Parks in Potsdam: Schwere Eiche, luftige Birke

Für unsere Sommerserie besuchen wir Potsdams Gärten und Parks. Zum Start: Ein Rundgang durch den Schlosspark Sacrow, dessen Bäume wie Fenster den Blick auf die Stadt öffnen.

Von Sarah Kugler

Potsdam - Auf den ersten Blick ist es nur viel Grün. Weite Wiesen, dicht belaubte Bäume, dazwischen die aufblitzende Havel. Bunte Blumen finden sich nur wenige im Park Sacrow, die meisten direkt am Schloss. Dort saßen schließlich früher die adeligen Besitzer, nahmen ihr Frühstück zu sich oder den Nachmittagstee und wollten mehr sehen als nur grüne Weiten.

Dabei sind es genau diese Weiten, die dem Park ihren Charme geben, in denen es sich märchenhaft wandeln lässt. Ganz in Gedanken oder auch mit staunenden Augen. Denn in all dem Grün lässt sich eine Menge entdecken. Die Sichtachsen zum Beispiel, für die der Park berühmt ist. Wie Fenster öffnen sie den Blick auf Wahrzeichen Potsdams, auf das Marmorpalais, auf den Flatowturm im Park Babelsberg. Zu verdanken sind viele dieser Fenster Friedrich Wilhelm IV., der das Gut Sacrow 1840 kaufte und auch die Heilandskirche errichten ließ. Sein Blick galt natürlich den Gebäuden, die damals schon existierten, wie auch dem Schloss auf der Pfaueninsel. Dem heutigen Besucher eröffnen sich allerdings auch modernere Ansichten. So kann er durch die Blätter die Glienicker Brücke erkennen und das Schloss Cecilienhof.

Bäume angeordnet wie Kulissen

Letzteres ist besonders eindrucksvoll inszeniert: Mehrere Bäume, deren ausladende Äste einen langen Durchgangsbogen bilden, zentrieren den Blick auf das geschichtsträchtige Gebäude. Als Kulissen bezeichnet Uwe Held diese Baumanordnung. Seit dem Jahr 2000 ist er Schlossgärtner in Sacrow, davor war er in Caputh und Babelsberg tätig. „Die Baumnasen wirken wie ein Brennglas“, so Held. „Das Schloss wirkt so größer, als es aus dieser Perspektive eigentlich sein sollte.“ Direkt am Ufer stehend wirke Cecilienhof kleiner – ein Trick, der verblüffend wirkt. Sichtachsen wie diese seien logischerweise mit der Zeit hinzugekommen, wie Held erklärt. Zu Zeiten Friedrich Wilhelm IV. war von Cecilienhof ja noch nichts zu sehen.

„Wir unterteilen die Gestaltung des Parks in mehrere Phasen“, erklärt der Schlossgärtner. Um 1300 das erste Mal urkundlich erwähnt, wandelte sich die Landschaft rund um das Schloss vom Landschaftsgarten über einen romantischen Garten bis hin zum Jagdschlossgrund. Während des Zweiten Weltkriegs wurde durch Granatbeschuss vieles beschädigt, in der DDR wurden Zollhunde auf dem Gelände ausgebildet. Erst 1993 übernahm die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) das 25 Hektar große Areal und begann mit den Erhaltungsarbeiten. „Die sind bei einem Park immer ein Dialog aus Historie und Moderne“, erklärt Held. Heute sehe vieles anders aus als damals, nicht alles sei dokumentiert und Veränderungen bringe die Zeit eben mit sich.

Die Bäume "schaffen Stimmungen"

Das Spiel mit durch Baumäste erzeugten Sichtachsen ist aber bis heute ein dominantes Parkmotiv. Darauf legt Held viel Wert, wie er an einem Beispiel verdeutlicht: Auf dem Weg, der rechts hinter dem Sacrower Schloss abgeht, bildet eine Linde mit ihrem Ast einen Bogen, durch den Spaziergänger direkt auf das Schlossgebäude zurückblicken können. Als Schleppe bezeichnet Held den bis auf den Boden reichenden Ast, der immer exakt in dieser Form geschnitten werden muss, um den Durchblick zu erhalten. „Kollegen haben das schon mal kürzer geschnitten, da gab es Ärger“, erzählt der Schlossgärtner und lacht.

Zu den Bäumen, so scheint es, hat Held eine spezielle Beziehung. „Sie schaffen Stimmungen“, sagt er und spricht von luftigen Birken und schweren Eichen. Besuchern rät er, sich einen Platz im Park zu suchen und – vielleicht mit einer Flasche Wein – dort eine Stunde oder länger zu bleiben. Je nachdem wie sich das Licht verändere, verändere sich auch der Park.

Grün ist eben nicht gleich Grün

Licht und Schatten wechseln sich dann ab und lassen die Bäume lebendig erscheinen. Besonders die berühmte 1000-jährige Eiche des Parks. Es ist eine Stieleiche, die mit ihren ausufernden Ästen wie eine große, alte Spinne auf ihrer Wiese thront. Allerdings ist sie nicht wirklich tausend Jahre alt, wie Held verrät. So wurde sie nur im Dritten Reich, das sich auch 1000-jähriges Reich nannte, bezeichnet. „Sie wurde aber wahrscheinlich um 1800 gepflanzt“, so Held.

Auf einer Abbildung von 1900 sah sie auch noch ausladender aus, heute lebt nur noch ein Teil des Stammes – der Baum muss kontinuierlich beschnitten werden, um ihn zu entlasten. Seiner Ausdruckskraft tut das allerdings noch keinen Abbruch. Im Gegenteil: Er gibt dem Park genau die märchenhafte Weitläufigkeit, die zeigt, dass Grün eben nicht gleich Grün ist.

+++ BILGERGALERIE: Ein Spaziergang durch den Schlosspark Sacrow +++

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