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Den eigenen Weg finden. Die Potsdamer Choreografin Laura Heinecke wollte schon immer tanzen – aber bitte ohne vorgegebene Bewegungsmuster.

© Andreas Klaer

"Flugmodus" feiert Premiere: Die Potsdamer Tänzerin Laura Heinecke in der fabrik

Die Choreografin Laura Heinecke und das Pulsar Trio gehen in „Flugmodus“ ganz bewusst offline. Am Freitag findet die Premiere statt.

Potsdam - Als Erstes überrascht einen immer wieder ihr ungewöhnlich fester Händedruck. Und wie konzentriert Laura Heinecke zuhört und auf Fragen antwortet. Sie ist präsent, nicht nur beim Fotografen, der keine fünf Minuten braucht, um ihr Porträt für diesen Artikel im Kasten zu haben. Und das alles, obwohl sie gerade in den Endproben zu ihrer neuesten Produktion „Flugmodus“ steckt und soeben die Nachricht bekommen hat, dass bei einem der mitwirkenden Tänzer eine Lungenentzündung diagnostiziert wurde.

In diesem Moment ist ihr das eine Erwähnung wert, doch es lenkt sie nicht von dem ab, was gerade stattfindet. Sich verabreden, sich konzentrieren und gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen, ist ihr sowohl ein künstlerisches als auch lebenspraktisches Bedürfnis. Für „Flugmodus“, das morgen Premiere in der fabrik hat, wird sie dafür zusammen mit dem Pulsar Trio auf der Bühne stehen. Nicht zum allerersten Mal, denn die Musik von Beate Wein (Piano), Aaron Christ (Drums) und Matyas Wolter (Sitar) fasziniert sie schon länger. Die Faszination beruht auf Gegenseitigkeit. Dann stießen noch Yannis Karalis (Tanz) und Timothée Uehlinger (Tanz und Jonglage) dazu, und es hat den Anschein, dass hier sechs Menschen zusammengefunden haben, die vollkommen ihrer Intuition vertrauen.

"Flugmodus" entstand im Anschluss an "Made in Potsdam"

Laura Heinecke erzählt vom Vorlauf von „Flugmodus“, der Anfang 2014 als Session im Anschluss an das Festival „Made in Potsdam“ im fabrik-Café begann. Da war nichts geplant, kaum etwas fest verabredet und alle Beteiligten guckten, was geht. Das Ergebnis war so „leicht“, wunderbar dynamisch und für alle inspirierend, so Heinecke, dass vor fast drei Jahren die Entscheidung fiel, etwas Größeres gemeinsam zu machen. Und da bei der Tänzerin Konzentration auch mit Gründlichkeit gepaart ist, verwendete die 32-Jährige das Preisgeld des Brandenburgischen Kunstförderpreises, den sie im vergangenen Jahr bekam, für eine ausführliche Recherchephase. Im heutigen schnelllebigen Tanzgeschäft ist das keine Selbstverständlichkeit mehr.

Gemeinsam mit Aaron Christ gab sie dem Projekt den Arbeitstitel „Analog versus digital“ und musste bald feststellen, dass dies für ein einziges Projekt ein viel zu vielschichtiges Thema ist. Und sie merkten, sagt Laura Heinecke mit blitzenden Augen, dass es sie hauptsächlich interessierte, „auf analog zu stellen“ – auf die Verabredung im Hier und Jetzt und nicht in diversen sozialen Netzwerken. So kam es auch zum Namen. Denn „Flugmodus“ heißt bekanntlich die spezielle Smartphone-Funktion, durch deren Aktivierung sämtliche kabellose Verbindungen des Gerätes gekappt werden.

Zehn Tage schwieg sie in einem Kloster

Alles loslassen und sich auf den Moment zu konzentrieren, hat Laura Heinecke schon früh geübt. Nach ihrem Abitur beschloss sie, in ein Kloster zu gehen und an einem zehntägigen Schweige-Retreat teilzunehmen. Dort lernte sie die Vipassana-Meditation, eine der ältesten Meditationstechniken Indiens, kennen und schätzen. Sie bedeutet so viel wie „die Dinge sehen, wie sie wirklich sind“ und ermöglicht Selbstveränderung durch Selbstbeobachtung. Für die Tänzerin ist sie in verschiedenen Lebenszusammenhängen ein erprobtes Werkzeug geworden.

Man hat, wenn man Laura Heinecke gegenübersitzt, jedoch nicht das Gefühl, dass sie damit auf einer der modernen Esoterikwellen mitreitet, sondern dass es ihr ein tiefes Bedürfnis ist, den eigenen Weg zu finden und zu gehen. Das begann schon ganz früh, denn die Tochter einer Balletttänzerin wollte sich zwar bewegen – jedoch nicht nach den vorgegebenen Bewegungsmustern. Über die „Umwege“ Geräteturnen und Theater – sie spielte in Potsdam im Offenen Kunstverein – landete sie dann doch beim modernen Tanz, weil sie sich (fremde) Texte so schlecht merken konnte, wie sie heute verschmitzt sagt. Danach absolvierte sie als bereits Zwanzigjährige eine Tanzausbildung an der Freiburger Schule für Tanz, Improvisation und Performance (TIP), deren Fokus auf zeitgenössischen Techniken, Improvisation und Performance liegt und lebte mehrere Jahre in der belgischen Tanztheatermetropole Brüssel. Als sie zum ersten Mal Mutter wurde, kam sie nach Potsdam zurück.

Wer Laura Heineckes frühere Produktion „Calling“ (2012) kennt – sie bestand gleichermaßen aus Live-Musik und Tanz –, ahnt, dass diese Symbiose die Künstlerin besonders interessiert und inspiriert. Ihre Bewegungen werden dabei von der Musik angestoßen, sie entstehen aus ihrer inneren Empfindung heraus und entfalten sich organisch im Raum. Heinecke liebt und beherrscht dieses fließende „Miteinanderspielen“, bei dem es viele feste Verabredungen aber auch genügend Raum für immer neue Improvisationen gibt. Denn die Tänzerin und ihre Company wollen auch das Publikum (s)einen jeweils eigenen Abend erleben lassen.

Die Premiere von „Flugmodus“ findet am morgigen Freitag um 20 Uhr in der fabrik statt. Weitere Vorstellungen am 29. und 31. Oktober, jeweils 20 Uhr

Astrid Priebs-Tröger

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