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Kultur: Fliegende Figuren

Der Mensch im Mittelpunkt: Die Galerie am Jägertor zeigt Bilder des Malers Jörg Menge aus Falkensee

Manchmal wollen bekannte Kategorien einfach nicht passen. Der Kunstwissenschaftler Christian Mechelsen erfand deshalb eine neue Bezeichnung für die Bilder von Jörg Menge: existentialistischer Manierismus. Denn wie im Manierismus steht auch bei Menge der Mensch im Zentrum des Interesses. Die Figur, der Körper, ist meist unbekleidet, bewegt, verrenkt und streckt sich über die häufig leere Hintergrundfläche des Bildes. Über die extreme Körperspannung und die Streckungen der Gemalten zeigt sich ein Funken der Wahrheit, die Malerei erheischen kann, wenn das Abgebildete die poetisch überhöhte Realität trifft.

Dass der Maler den menschlichen Körper in seinen Facetten kennt und in seiner Vielschichtigkeit virtuos darzustellen vermag, zeigt die aktuelle Ausstellung in der Galerie am Jägertor. Dort posieren die Figurenensembles meist vor Stadtlandschaften oder in Naturszenen. Doch Ausgangspunkt sei der Mensch, sagt Menge. Und tatsächlich: Ob Gaukler, Bandoneonspieler oder nackte Tangotänzerin, immer wird klar, dass die Konstellation der Dargestellten, ihr Miteinander und Zueinander das Bild bestimmt. Häufig gruppieren sich die Protagonisten um einen gelegentlich schelmisch, manchmal streng blickenden Mann mit durchdringenden Augen: Das Abbild des Künstlers, der sich damit auch als intensiver Selbstbeoachter zeigt.

Zu Beginn seiner Künstlerkarriere, nach seinem Studium an der Kunsthochschule Weißensee, versuchte sich Menge auch an abstrakten Bildern. Die erscheinen zwar ebenso souverän und mit kräftigem Strich gemalt, aber Menge konstatiert: „Das ist nicht meins, das können andere besser.“ Also bleibt Menge bei den Figuren, die durcheinander wirbeln, sich treffen, wieder trennen, wie im wirklichen Leben, aber doch im Bild durch seine kunstvolle Konstruktion zusammen gehalten werden.

Für den 1960 geborenen Maler sei es nicht so einfach gewesen nach seinem Studium, das er 1988, gerade als die Mauer fiel, beendete. „Es dauerte einige Jahre, bis ich Fuß fassen konnte“, sagt Menge. Er habe dann viel ausprobiert. Auch skulpturale Arbeiten seien entstanden, aber schließlich habe er sich doch auf sein Metier, die Malerei, konzentriert. Menge erhielt ein Förderstipendium des Berliner Senats, nahm an Symposien im Ausland teil und realisierte Wandmalereien. Seine Malerei führte ihn nach Paris, Moskau, Wien, Dakar.

Zu sehen sind in der Galerie auch einige Bleistiftzeichnungen, in denen der Maler schemenhaft und spitzbübisch dem Betrachten entgegen schaut. Teufelshörner winden sich zu beiden Seiten seines Schädels. Das Zeichnen, die handwerkliche Grundlage von guter Malerei und figuralem Verständnis, hat Menge auch als Professor an der German Film School University in Elstal und dann an der Mediadesignhochschule in Berlin vermittelt. Vorbereitung und Ausbildung für Zeichentrick- und Animationsfilm, die an den Schulen hergestellt wurden, sei das gewesen, so Menge. „Da gibt es ganz erstaunlich gute Zeichner, sehr talentierte junge Leute“, erinnert er sich. Der Zeichentrick- und Animationsfilm, der seit einigen Jahren nicht nur eine Renaissance, sondern ein massives Innovationswachstum erfährt, suche junge Talente. Einige seiner Studenten seien unmittelbar in die großen internationalen Studios, Dreamworks und Pixar, vermittelt worden. Seit 2010 habe er allerdings aufgehört zu unterrichten. Auch Menge selber fertigt gelegentlich Trickfilme. Die laufen, unterlegt von selbst komponierter Musik, dann schon einmal auf Festivals in der ganzen Welt. Auch ein großes Potsdamer Softwarehaus interessierte sich für die geschickt reduzierten Linienzeichnungen der Animationen Menges.

Zwar habe die Auseinandersetzung mit den Studenten sehr viel Spaß gemacht und seine künstlerische Arbeit bereichert, auch habe er Angebote bekommen, weiter zu unterrichten, aber er habe sich entschieden, künftig ausschließlich seine Malerei voran zu treiben, so Menge. Aber es gibt noch eine andere Kunst im Leben des Malers: die Musik. Er habe sich immer als bildender Künstler verstanden, aber auch das Saxophon habe ihn sein Leben lang begleitet. Mit Freunden reist Menge gelegentlich als Musiker durch die Lande.

Die Konzentration auf die Malerei bekomme ihm gut, sagt Menge. Es komme ihm daher sehr gelegen, dass seine Kunst auch vom German Art House vertreten wird, einer Künstleragentur, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, vorwiegend figürliche Malerei von meist deutschen Künstlern im Ausland zu vertreten. Selten bewirbt er sich für eine Ausstellung, meist kommen Galeristen- und Ausstellungsmacher auf den Maler zu, um mit ihm zusammen zu arbeiten. Nach den gelegentlich harten Zeiten unmittelbar nach dem Studium habe er nun das Gefühl: „Es ist gut.“ Richard Rabensaat

Finissage der Ausstellung am 21. Juni um 18 Uhr, Galerie am Jägertor

Richard Rabensaat

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