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Filmorchester spielte „Krieg der Träume“ ein: Ohne dicke Musiksoße

Potsdam - Bereits beim ersten Lesen des Filmdrehbuchs entstehen Bilder. Natürlich nur bei einem guten.

Potsdam - Bereits beim ersten Lesen des Filmdrehbuchs entstehen Bilder. Natürlich nur bei einem guten. Und das bekommt Laurent Eyquem bei „Krieg der Träume“ in die Hände. „Die Geschichte muss mich sofort packen. Dann entstehen Klänge im Kopf und bald auf dem Notenpapier“, erzählt der Komponist während eines Gesprächs im Aufnahmestudio des Deutschen Filmorchesters Babelsberg.

Umfangreich ist das Drehbuch für die Dramaserie „Krieg der Träume“, die die dramatische Zeit der Zwischenkriegsjahre von der Depression zu den Goldenen Zwanzigern über die Weltwirtschaftskrise hin zur Machtergreifung der Nationalsozialisten und dem Beginn des Zweiten Weltkrieges beleuchtet. Die achtteilige Serie wurde für Arte, ARD und ORF von LOOKSfilm und vielen internationalen Partnern realisiert. Entwickelt haben sie die Filmemacher Jan Peter und Gunnar Dedio. Für Buch und Regie war ebenfalls Jan Peter gemeinsam mit Frédéric Goupil verantwortlich. Die Filme werden ab September in 15 Ländern ausgestrahlt. Mit dem Filmstab hat der in Hollywood arbeitende Eyquem bereits bei der Serienproduktion „14 – Tagebücher des Ersten Weltkriegs“ erfolgreich zusammengearbeitet.

Für die Musikaufnahmen weilte der Komponist im Mai in den Filmstudios Babelsberg. Mit dem Deutschen Filmorchester, das in diesem Jahr auf sein 100-jähriges Bestehen zurückblicken kann, gestaltete er in dessen Tonstudio die musikalischen Passagen der Serie. „Technisch sind die Bedingungen in Babelsberg hervorragend, musikalisch agiert das Orchester auf hohem Niveau. Da spürt man die langjährigen Erfahrungen seiner Mitglieder. Das warmherzige und kollegiale Miteinander zwischen allen Beteiligten bewegt mich jedes Mal neu“, so Eyquem. Genau dieses Studio ist derzeit in Gefahr, weil Baulärm vor der Haustür bei der Errichtung eines Bürohauses ungestörte Musikaufnahmen für anderthalb Jahre unmöglich machen (PNN berichteten). „Krieg der Träume“ konnte noch ohne Störungen aufgenommen werden.

Es sei immer wieder spannend, in die Zeit der zwanziger und dreißiger Jahre tiefer einzutauchen, ihre Widersprüchlichkeit aufzugreifen und zu verdeutlichen. „Als der Krieg 1918 ein Ende nahm und endlich Frieden wurde, hatten die Menschen neue Träume, die sie im Kommunismus, Anarchismus, Nationalsozialismus sahen. Und wieder waren sie bereit, für ihre Überzeugungen zu kämpfen und zu töten“, erzählt Laurent Eyquem über die Grundaussage der Produktion.

Bei einem Blick auf die erste Episode von „Krieg der Träume“, der der PNN-Redaktion ermöglicht wurde, bekommt man eine Ahnung davon, was die Menschen angetrieben hat, wie eines ins andere greift und wie schwer es ist, dass aus Gewalt nicht wieder Gegengewalt erwächst.

Anhand von Beispielen der Lebensgeschichten des Kommunisten und Spanienkämpfers Hans Beimler, der polnischen Stummfilm-Diva Pola Negri, des britischen Journalisten Charles Edward Montague, der russischen Kindersoldatin Marina Yurilova sowie der zum Auschwitz-Kommandanten aufsteigende pommersche Landarbeiter Rudolf Höß wird die hochdramatische Zeit erlebbar gemacht. Dazu benutzten die Filmemacher zeitgenössische Dokumentaraufnahmen, die aufwändig in Archiven recherchiert wurden, und Spielszenen, die von bekannten Darstellern wie Natalia Witmer oder Jan Krauter interpretiert werden.

Zum eindrucksvollen Filmerlebnis trägt auch die Musik von Laurent Eyquem bei. Die Aufbruchstimmung und die Brüche der 21 Jahre zwischen dem Ende des Ersten und dem Beginn des Zweiten Weltkriegs hat er hörbar gemacht. Dafür arbeitete Eyquem traditionell, aber auch mit Dissonanzen, Anklängen an Jazz und Schlager, Zwölftonmusik sowie an die Militärmärsche jener Jahre. Die verschiedenen Musikstile beherrscht der Filmkomponist blendend. Der Sound wird meist sparsam eingesetzt, das Gespür für die unterschiedlichen Erzählstränge ist hoch. Dicke Musiksoße hat da keinen Platz. Auf feine, eher unterschwellige Weise werden die psychologischen Entwicklungen der Figuren musikalisch eingefangen. Das Babelsberger Ensemble musiziert unter der Leitung des Komponisten und wird auch hierbei seinem Ruf als hervorragendes Filmorchester gerecht.Klaus Büstrin


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„Krieg der Träume“ Sendetermine:


Sendetermine auf ARTE: Acht Folgen a 52 Minuten

Dienstag, 11. September 2018, 20:15 Uhr. 3 Folgen

Mittwoch, 12. September 2018, 20:15 Uhr. 3 Folgen

Donnerstag, 13. September 2018, 20:15 Uhr. 2 Folgen

Sendetermine im Ersten: Drei Folgen a 90 Minuten

Montag,17. September 2018, um 22:45 Uhr

Dienstag,18. September 2018, um 22:45 Uhr

Montag, 24. September 2018, um 22:45 Uhr

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