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Kultur: Filmmusik und Feuerwerk

Das erste Sinfoniekonzert in der Friedrichskirche

Mit seinen Konzertprogrammen setzt das älteste Sinfonieorchester von Potsdam immer wieder neue Akzente. Seitdem der gebürtige Potsdamer Knut Andreas vor bald 20 Jahren die Leitung des Collegium Musicum übernommen hat, gibt es regelmäßig Uraufführungen und Premieren. Die Auswahl der Stücke zielt oft erfreulich weit über den lokalen Tellerrand hinaus.

Auch beim ersten Sinfoniekonzert in diesem Jahr erklingt mit der Filmmusik aus „The End of the Affair“ eine deutsche Erstaufführung. Geschrieben wurde sie von Michael Nyman, einem der profiliertesten Komponisten unserer Zeit. Der Brite hat sich mit seiner Musik zu Filmen wie „Das Piano“ einen großen Namen gemacht. Aus Abscheu vor den Dogmen der atonalen Musik, die während seines Studiums am Londoner Royal College of Music galten, schrieb Nyman zehn Jahre lang keine einzige Note. Erst Mozarts Leporello-Arie und die amerikanischen Minimalisten inspirierten ihn derart, dass er zu seiner eigenen musikalischen Sprache fand. Die in Potsdam zu hörende Suite ergötzt mit weichen, romantischen Klängen passend zur großen Liebesgeschichte im Film, der auf dem gleichnamigen autobiographischen Schlüsselroman von Graham Greene basiert.

Auch Aaron Copland, ein Gründervater der amerikanischen symphonischen Musik, schrieb gerne und reichlich Filmmusik. Doch selbst als hochbezahlter Komponist in Hollywood blieb er seinem klaren, prägnanten Stil treu. Im Konzertsaal erklingen öfter Coplands Wild-West- und Cowboy-Musiken, in die er gerne Lieder und Tänze aus der Folklore einfließen ließ. Selten zu hören sind dagegen die „Old American Songs“, eine Zusammenstellung traditioneller amerikanischer Lieder in einem Arrangement für Orchester und Gesang. Als Solisten konnte das Collegium Musicum Potsdam den Bariton Till Schulze gewinnen, der bereits im Dezember 2016 mit dem Orchester in der Opernproduktion „Hänsel und Gretel“ in der Biosphäre Potsdam als Vater zu erleben war.

Mit der neunten Sinfonie von Dmitri Schostakowitsch serviert das Collegium Musicum eine besondere Delikatesse. Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs erwarteten die sowjetischen Machthaber ein heroisch-pathetisches Werk zur Feier des Siegs, vielleicht so triumphal wie Beethovens Neunte. Stattdessen schrieb Schostakowitsch eine durchsichtige Kammersinfonie in fünf kurzen Sätzen mit einem Feuerwerk an skurrilen Einfällen. Eine Pseudokomödie nannte sie der Komponist, der kurz darauf seiner Professuren in Moskau und Leningrad enthoben wurde. Wenn man den langsamen Satz mit seiner dramatischen Konfrontation zwischen den heftigen Fanfaren der Blechbläser und einem einzelnen Fagott anhört, könnte man meinen, dass Schostakowitsch da seinen erneuten Konflikt mit der Staatsmacht schon im Voraus beschrieben hatte. Babette Kaiserkern

Sinfoniekonzert des Collegium Musicum, Samstag um 19.30 Uhr, Friedrichskirche, Babelsberg, und Sonntag, 17 Uhr, Herz-Jesu-Kirche, Berlin-Zehlendorf

Babette Kaiserkern

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