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Filmkomponistin von der Filmuniversität Potsdam: Dascha Dauenhauer komponiert Aufbruch

Filmunistudentin Dascha Dauenhauer ist dreifach für den Deutschen Filmmusikpreis nominiert – unter anderem für einen ermutigenden Song aus dem Film „Jibril“.

Von Sarah Kugler

Potsdam - Es gibt diese Songs, die den Zuhörer sofort erreichen. Egal, ob sie in einer ihm bekannten Sprache gesungen werden oder nicht. Sie transportieren ihre Botschaft durch die Musik, durch ein Gefühl. „Yella Hayat“ von Dascha Dauenhauer ist so ein Song. Auch wer kein Arabisch beherrscht, versteht sofort: Hier wird etwas Aufbrechendes besungen, etwas, das sich löst, sich befreit.

Zu hören ist das Lied in dem Film „Jibril“ von der Potsdamer Filmuniabsolventin Henrika Kull, der auf der diesjährigen Berlinale in der Sektion Panorama zu sehen war und für den Dascha Dauenhauer den gesamten Soundtrack geschrieben hat. Auch sie studiert an der Filmuni in Babelsberg, ihr Masterabschluss steht kurz vor der Tür. Für „Yella Hayat“ ist sie in der Kategorie „Bester Song im Film“ beim Deutschen Filmmusikpreis nominiert, der am heutigen Freitag in Halle vergeben wird. Interessanterweise gemeinsam mit zwei Songs, die aus bereits veröffentlichten Kinofilmen stammen: „303“ und „Die Pfefferkörner und der Fluch des schwarzen Königs“. Der Film „Jibril“ hingegen - ein zauberhafter Blick auf die Liebe und unsere Vorstellungen davon -  hat leider noch immer keinen Verleih.

Dauenhauer komponiert seit ihrem 5. Lebensjahr

Dascha Dauenhauer ist dafür in gleich zwei weiteren Kategorien ebenfalls für den Filmmusikpreis nominiert: in den Rubriken „Nachwuchs“ und „Beste Musik im Kurzfilm“ – für „Love Me, Fear Me“ von Veronica Solomon. „Das ist eine totale Ehre“, sagt die 29-Jährige. Egal, ob sie gewinnen wird oder nicht: Solche Erlebnisse sind es, die sie in ihrer Arbeit bestätigen, sagt sie. „Es gibt Tage, an denen ich verzweifle und mich frage, ob ich den richtigen Weg gehe.“

Dabei ist Dascha Dauenhauer mit Musik groß geworden: Seit sie fünf Jahre alt ist, nimmt sie Kompositionsunterricht und spielt Klavier. „Ich komme ursprünglich absolut von der Klassik“, erzählt die Komponistin, die in Moskau geboren ist, aber seit ihrem sechsten Lebensjahr in Berlin lebt. Sie hat mehrere klassische Stücke geschrieben, ihr Orchesterstück „Sinfonietta“ wurde 2004 in der Berliner Philharmonie uraufgeführt. Zunächst studiert sie Klavier an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ und danach Musiktheorie an der Universität der Künste. Allerdings habe sie das Avantgardistische in der Szene abgeschreckt und die Leidenschaft für Filmmusik sei schon immer dagewesen. Im Jahr 2015 beginnt sie dann ihren Master in Babelsberg, den sie nun pünktlich nach drei Jahren Regelstudienzeit abschließt.

Noten allein sind nicht genug

Über 30 Filmmusiken hat sie schon komponiert. Seit diesem Jahr kann sie von ihren Arbeiten leben, gibt aber nebenbei Musiktheorieunterricht in einer Musikschule. Die Soundtracks entstehen am Computer in ihrer Wohnung in Charlottenburg, die nicht nur mit diversen Instrumenten, sondern auch Mikrofontechnik und einem Synthesizer ausgestattet ist. Denn: Nur die Noten aufzuschreiben war zwar zu Beethovens Zeiten Usus, ist aber heute längst nicht mehr aktuell. „Der Kunde möchte das fertige Produkt“, sagt Dauenhauer. Der Aufwand ist also je nach Film durchaus hoch. Etwa, wenn sie ihre Musik vom Orchester einspielen lassen muss. Oft arbeitet sie aber auch mit ihren eigenen Instrumenten, deren Sound sie aufnimmt und am Computer verfremdet. Computergenerierte Instrumente jedoch lehnt sie ab. „Die klingen nicht echt.“

Ihre Soundtracks dafür umso mehr – und immer ganz anders. Während die Stücke in „Jibril“ genauso zurückhaltend sind wie der Stil des Films, sticht „Yella Hayat“ - gesungen von Hauptdarstellerin Susanna Abdulmajidals  - als Powersong heraus. In seiner Leichtigkeit bleibt er dennoch der Stimmung des Films treu. Die Melodien in dem Stop-Motion-Kurzfilm „Love Me, Fear Me“ hingegen klingen etwas düsterer. Vier Figuren treten hier auf eine Bühne, jede Performance klingt anders: Von einer lockeren Varieté-Nummer mit Trompete, über einen ausdrucksvollen orientalischen Tanz, bis hin zum trommeldominanten Ausdruckstanz eint die Figuren eine traurig-bedrückende Stimmung. Diese entsteht nicht nur durch die Bewegungen der Figuren, sondern vor allem über Dauenhauers intensive Musik. 

Ihre Kompositionen sind im Nikolaisaal zu hören

Wieder anders klingen ihre Kompositionen zu der Dokumentation „Kind sein -Ich sehe was, was du nicht siehst“ von Lilian Nix, in der vier Lebenswelten von Kindern aus verschiedenen Ländern gezeigt werden. Wo sie in „Jibril“ zurückhaltend ist, ist sie hier dominant. Instrumentale und sphärische Klänge wechseln sich ab. Zwei der Stücke, nämlich „Schule“ und „Slum“ werden am 2. November im Nikolaisaal beim Konzert „Filmorchester meets Filmuni – die Dritte!“ zu hören sein.

Viel Zeit für die Proben hat Dauenhauer allerdings nicht: Gerade ist sie in der Neuverfilmung von Alfred Döblins Roman „Alexanderplatz“ involviert, die 2019 in die Kinos kommen soll. Regisseur Burhan Qurbani, der den Stoff in die Gegenwart verfrachtet, wünschte sich eine zeitlose Musik, wie sie erzählt. „Es wird eine Mischung aus Orchestralem und Elektro“, verrät sie und wird langsam etwas hibbelig. Der Computer ruft, das nächste emotionale Stück möchte geschrieben werden. 

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„Filmorchester meets Filmuni“, am 2. November um 19.30 Uhr im Nikolaisaal

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