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Zum ersten Mal hat das Localize-Festival Residenzkünstler eingeladen: Daniel Springer, Eitan Ben-Moshe, Koen Kievits (v.l.n.r.).

© Ottmar Winter

Festival auf der Freundschaftsinsel: Was das Localize-Festival 2019 zu bieten hat

Am letzten Augustwochenende wird Potsdam von künstlerischen Positionen umspült - Titel des Localize-Festivals ist nach vierjähriger Pause nämlich "Inseln".

Von Helena Davenport

Potsdam - Potsdam eine Insel? Das kann man so sehen. Hört man sich die Argumente des Localize-Organisationsteams an, ist die Sache klar. Die Frage ist eher, wie viele. Insbesondere durch die Diskussionen um die Stadtmitte habe sich die Stadt in Meinungsinseln aufgespalten, meint Elena Arbter, Vorsitzende des Localize-Vereins. Und davon mal abgesehen: Die innerstadtliche Trennung zwischen Arm und Reich ist in Potsdam ganz besonders hoch. Beim sogenannten Segregationsindex landete Brandenburgs Hauptstadt zuletzt im bundesweiten Vergleich auf Platz sechs, andere ostdeutsche Städte schnitten da wesentlich besser ab.

„Inseln“ hat das Localize-Team deswegen die diesjährige Ausgabe des zweitägigen Festivals für Stadt, Kultur und Kunst getauft, das vom 24. bis zum 25. August stattfindet. Die Frage nach dem Wo erübrigt sich: Die Freundschaftsinsel wird passenderweise bespielt. Im Pavillon der Insel stellten die Macher am gestrigen Montag das Programm vor.

Städtischer Raum im Wandel ist das Kernthema

Das Festival setzt sich seit seiner Gründung durch Studierende vor elf Jahren mit städtischem Raum im Wandel auseinander. 2019 ist es nach einer vierjährigen Pause mit etwas Neuem zurück: Zum ersten Mal wurden drei Residenzkünstler eingeladen, die sich bis zum Festivalauftakt mit der neuen Umgebung auseinandersetzen – um dann mit ihren hieraus entstandenen künstlerischen Arbeiten auf den Ort Einfluss zu nehmen, genauer gesagt auf die Freundschaftsinsel. „Ein Gartendenkmal kann nicht bleiben wie es ist, schließlich ändern sich auch seine Besucher“, sagte Thoralf Götsch, leitender Inselgärtner. Dementsprechend sei die Insel als offener Ort zu sehen.


Die Residenzkünstler, von denen alle drei mit jeweils ganz unterschiedlichen Medien arbeiten, kommen im Rechenzentrum unter. Der Niederländer Koen Kievits ist als einziger schon seit zwei Wochen in der Stadt. Er greift mit seiner Fotografie in den Raum ein, führt den Betrachter seiner Werke gern an der Nase herum, indem er ihn in seiner Wahrnehmung täuscht. Er wolle das Mysteriöse aufspüren, sagte Kievits am Montagnachmittag. Zwei Ideen hat er schon. Das Ergebnis wird am Localize-Wochenende in Form von großformatigen Projektionen zu sehen sein.

Eitan Ben-Moshe aus Israel hat hingegen bereits 25 Matratzen angefordert. Er möchte die Realität des Ortes mit seiner Kunst sichtbar machen, die normalerweise nicht wahrgenommen wird – und gleichzeitig ein Gefühl des Teilhabens bei dem Betrachter erzeugen. „Das menschliche Denken ist nicht Zentrum des Universums, sondern ein Teil“, brachte er am Montag seine Weltsicht nah. Die Matratzen sollen zum Meditieren einladen, während der Sound eines gläsernen Instruments ertönt, das der Israeli selbst gebaut hat. „Das mit den 25 Matratzen müssen wir noch mit den Gärtnern absprechen“, sagte Doreen Löwe aus dem Organisationsteam – schließlich solle der Garten nicht unter den Installationen leiden.

Der dritte im Bunde ist Daniel Springer aus Hamburg. Er beschäftigt sich insbesondere mit dem Moment der Abgrenzung im Kontext der Insel. Mit speziellen flexiblen Zäunen lässt er neue Räume im Raum Freundschaftsinsel entstehen, die für den Besucher plötzlich nicht mehr betretbar sind. Aber warum? Wieso ist ein Ort abgesperrt, der keine Baustelle ist? Springer möchte, dass der Besucher seine Wahl hinterfragt, dass er seine Gewohnheiten bricht und eine neue Perspektive auf die Insel entwickelt. Er könne sich etwa vorstellen, eine der Skulpturen einzuzäunen, um deren Ästhetik zu hinterfragen. Einen Konsens über das Schöne gebe es ja immer – aber ist es auch schön für den Einzelnen?

In die Mitte gerückt

Nach der mehrjährigen Pause sei es wieder absolut notwendig, Fragen an den städtischen Raum zu stellen, sagte Löwe. Die Diskussionen – beispielsweise um die alte Fachhochschule – hätten die Fronten derart verhärtet, dass der künstlerische Blick sicherlich einiges auflockern könne. Ein Glück, dass das Localize-Festival in diesem Jahr einen Platz in der Stadtmitte gefunden hat, auch räumlich nah dran an den Debatten ist. Die vorige Ausgabe fand in Drewitz statt. Das Projekt war den ehrenamtlichen Vereinsmitgliedern 2015 größenmäßig ein wenig über den Kopf gewachsen.

Für die diesjährige Ausgabe wurde dem Team aus Kulturschaffenden sowie Studierenden der Universität und der Fachhochschule ein Extra-Etat von 12 500 Euro zur Verfügung gestellt. Hiervon konnte die Projektkoordinatorin Jana Kamm mit dem Festival betraut werden. „Wir haben mittlerweile alle Jobs und Kinder – deswegen brauchten wir professionelle Unterstützung“, sagte Löwe.

Zahlreiche Workshops zum Mitmachen

Neben den Residenzkünstlern, die eine Jury aus zahlreichen Bewerbern ausgewählt hat, machen elf weitere Künstler mit. Darunter das Potsdamer Lichtkünstlerkollektiv Xenorama, ein Zusammenschluss aus Architekturstudenten und ein weiterer aus Studenten der Sozialen Arbeit. Es stehen Lesungen und Performances auf dem Programm und zahlreiche ebenfalls kostenfreie Workshops laden zum Mitmachen ein. Eröffnen wird die Band Im Modus, die für ihre extravaganten Auftritte bekannt ist. Über Facebook suchen die Musiker wohl schon nach Booten – auch ein Weg, die Grenzen zwischen den Inseln zu überwinden.
Das Festival findet vom 24. bis zum  25. August statt, mehr Infos unter www.localize-potsdam.de, der Eintritt ist frei

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