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Kultur: „Everblacks“ mit Gitarre

Georg-Kreisler-Abend von Helge Sauer auf dem Theaterschiff

Er war böse, tiefschwarz – und wie kein Zweiter in der Lage, seine beißende Kritik in poetische Lieder zu verpacken und hinauszukatapultieren: der Wiener Künstler Georg Kreisler, der als Sohn einer jüdischen Familie 1943 die US-amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt und im dortigen Exil Musik zunächst als Mittel benutzte, sich über Wasser zu halten. Als Militärdolmetscher kehrte er in der Uniform der US-Army kurzzeitig zurück in seine Heimat, die Musik erhielt jedoch den höchsten Stellenwert: Er tingelte durch Nachtklubs, arbeitete für Charlie Chaplin – und kehrte 1955 schließlich nach Wien zurück.

Und gerade Wien sollte für Kreisler wieder zur Zielscheibe seines bissigen Spotts werden: „Wie schön wäre Wien ohne Wiener“, sang er dort, obwohl es ihn auch in Wien nicht mehr hielt – heimatlos, rastlos, sich nirgendwo zu Hause fühlend. Dabei tat er alles dafür, den jüdischen Humor zurück nach Wien zu bringen – mit Alben wie „Everblacks“ und „Nichtarische Arien“. Während sich schnell die Kreisler-Fanatiker um ihn scharten, fiel seine spitzzüngige Poesie auch nach dem Krieg weiter der Zensur zum Opfer: Bis zu seinem Tod im November 2011 war Kreisler kaum im Radio zu hören, seine Stücke auf keinen Spielplänen zu finden. Auch in Österreich scherte sich niemand um Kreisler, der von 1976 bis 1988 schließlich in Berlin lebte: Seine österreichische Staatsbürgerschaft bekam er zeitlebens nicht mehr zurück.

Der Potsdamer Musiker Helge Sauer wird am morgigen Donnerstag um 19.30 Uhr zu „Live in der Bar“ auf dem Theaterschiff an der Alten Fahrt mit einem Georg-Kreisler-Programm unter dem Titel „Der schöne schwarze Chanson-Abend“ an den Wiener erinnern, mit schwarzen, ehrlichen Liedern, die voller Wahrheit stecken und bis heute kein Stück an Aktualität eingebüßt haben. Sauer wird Kreisler selbstverständlich seinen eigenen Anstrich verpassen: Statt auf dem Klavier begleitet er sich auf der Gitarre. Der Eintritt ist frei. Oliver Dietrich

Oliver Dietrich

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