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Eugen Ruge stellte "Metropol" in Potsdam vor: Das geheime Leben der Charlotte

Mit "Metropol" erzählt Eugen Ruge die Geschichte seiner Großmutter Charlotte und taucht dabei in die nähere Geschichte ein. Im Potsdamer Waschhaus stellte er den Roman vor.

Von Sarah Kugler

Potsdam - Gerade mal eine halbe Stunde hat es gedauert, dann waren alle hundert Exemplare von Eugen Ruges „Metropol“ verkauft. So viele Ausgaben hatten die Buchhändler Carsten Wist und Felix Palent am Dienstagabend mit ins gut besuchte Waschhaus gebracht, in dem Ruge seinen aktuellen Roman vorstellte. Das Kontingent des Wistschen Literaturladens war damit in Rekordzeit erschöpft – eine Premiere. Selbst für den gestandenden Buchhändler, wie er zugab, während Kollege Felix Palent losfuhr, um aus der Potsdamer Bahnhofsbuchhandlung weitere Exemplare des Romans zu besorgen. 

Eugen Ruge selbst ließ sich von dem Rummel nicht beirren, tauchte sofort ein in „Metropol“ und las aus dem Kapitel „Verhör“, das am Ende des Romans steht. Ein „Appetithappen“ sollte es sein, wie der Autor sagte. Ein Happen, den er mit historischen Fotos unterlegte. Mit einem von seiner Großmutter Charlotte etwa, um die sich die Geschichte dreht. Aber: „Auf dem Foto ist nicht die Figur meines Buches zu sehen, die Figuren hier sind natürlich alle irgendwie erfunden“, stellte er am Donnerstag klar. 

Orientiert an historischen Fakten

Orientiert sind sie aber an historischen Fakten, die Ruge bereits während seiner Arbeit an seinem ebenfalls autobiografischen Familienroman „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ entdeckte, für den er 2011 unter anderem mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde. Ursprünglich habe er die Geschichte um seine Großmutter, die unter dem Decknamen Lotte Germaine für den Geheimdienst der internationalen Vereinigung der kommunistischen Parteien gearbeitet hat, schon in seinen großen Familienroman einflechten wollen, habe sich dann aber doch dagegen entschieden. Zu komplex sei sie und zu wichtig, um ihr nur wenige Kapitel zu widmen. 

Dabei hatte er eine vorläufige Version von „In Zeiten des abnehmenden Lichtes“ inklusive Charlottes Geschichte schon an die Jury des Alfred-Döblin-Preises geschickt. Als er zur Lesung vor der Jury geladen wurde, brachte er die geänderte Fassung mit – in dem Bewusstsein, dass er den Preis deswegen nicht bekommen könnte. „Sie haben ihn mir dann trotzdem gegeben“, sagte Ruge. „Das fand ich schon sehr nett.“

Das Moskauer Hotel Metropol als Schauplatz

Letztendlich hätte die Geschichte aber den Rahmen des Romans gesprengt – und zu viel gekostet. Um den Spuren seiner Großmutter nachzuspüren, wollte Ruge nach Moskau fahren und dort auch im Hotel „Metropol“ übernachten. In dem Zimmer, in dem seine Großmutter 1936/37 zusammen mit ihrem zweiten Mann, Hans Baumgarten, 477 Tage verbrachte. 1936 hatte das Innenministerium der UdSSR Teile des vierten Stockwerks des Hotels für suspendierte Mitglieder des Geheimdienstes der internationalen Vereinigung der kommunistischen Parteien reserviert. Im Raum 479 warteten auch Charlotte und Hans auf die Entscheidung, ob man sie zum Tode verurteilen würde oder ob sie zurück in die Partei dürften.

Was diese Situation mit seiner Großmutter gemacht hat und wie es überhaupt dazu kam, davon erzählt Ruge in „Metropol“. Warum er die Geschichte erst jetzt und nicht sofort nach „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ geschrieben hat, erschließt sich ob der Komplexität der Geschichte. Tatsächlich habe Ruge nach dem ersten Familienroman, der auch viel in Potsdam spielt, zunächst durchatmen müssen und deswegen andere Bücher geschrieben. „Es ist ja auch anstrengend, das Schreiben.“ Das Einfühlen in seine Figuren sei hingegen „zwar intensiv, aber auch schnell kalt“ gewesen. Ein bisschen Abstand muss wohl sein.

Die zahlreich erschienenen Besucher suchten am Ende des Abends eher Kontakt. Am Signiertisch bildete sich sehr schnell eine große Schlange – zum Glück hatte Felix Palent noch ein paar Romane besorgen können.

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