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Kultur: Etta Scollo sang Sizilianisches auf dem Pfingstberg

Tiefer, beinahe rauer Gesang ertönt noch bevor die Sängerin Etta Scollo an diesem warmen Juliabend die Wasserbühne inmitten des Arkadenhofes auf dem Pfingstberg betritt. Doch die gerade verklungene sehr eindrucksvolle und anrührende Stimme gehört nicht ihr, sondern der sizilianischen Volkssängerin Rosa Balistreri, die Scollo seit ihrer Jugendzeit kennt.

Tiefer, beinahe rauer Gesang ertönt noch bevor die Sängerin Etta Scollo an diesem warmen Juliabend die Wasserbühne inmitten des Arkadenhofes auf dem Pfingstberg betritt. Doch die gerade verklungene sehr eindrucksvolle und anrührende Stimme gehört nicht ihr, sondern der sizilianischen Volkssängerin Rosa Balistreri, die Scollo seit ihrer Jugendzeit kennt. Bei ihrer Großmutter hatte sie deren melancholische Weisen zum ersten Mal gehört und erst viel später, als sie selbst längst in Deutschland lebte, wiederentdeckt und lieben gelernt.

Seit 2005 tourt sie nun mit ihrer Hommage an Rosa Balistreri durch Deutschland und Europa und bezauberte auch in Potsdam mit ihren gesungenen und erzählten sizilianischen Geschichten das Publikum. Die kleine temperamentvolle Frau im grünen ärmellosen Kleid nimmt dieses sofort für sich ein, als sie mit „Es ist schön...“ sowohl auf die eben gehörten Klänge als auch auf die wunderbar „passende“ Umgebung anspielt. Und dann blättert sie fast zwei Stunden ganz unterschiedliche Seiten aus dem Leben der vor vier Jahrzehnten in Italien populären Sängerin, die von ganz unten kam, und von Dario Fo entdeckt wurde, und auch ihres eigenen, auf. Denn beide Frauen, die sich persönlich nie kennen gelernt haben, sind nicht nur durch die gemeinsame sizilianische Herkunft eng verbunden. Sie sind beide großartige Geschichtenerzählerinnen, die mit Anteilnahme, Leidenschaft und Wehmut vom Leben und Schicksal ihres Volkes erzählen.

Etta Scollo gelingt es eindrucksvoll und stimmgewaltig, mit ihrem eigenen variationsreichen Gesang und den immer wieder charmant erzählten Episoden den Kosmos von Rosa Balistreris Leben vor den Zuhörern lebendig werden zu lassen. Nicht, indem sie deren Lieder, die von rätselhafter Schönheit und Kraft durchdrungen sind, weder in der Stimmlage noch in der Instrumentierung kopierte, sondern indem sie vor allem ihre eigene Seele und Musikalität sprechen ließ. Da war viel Witz und Leichtigkeit in den Kindheitserinnerungen vom „Apfel“ oder vom „Fuß der Ente“ oder weibliche Stärke im Lied eines sizilianischen Mädchens, das auf einem Marktplatz um ihren Geliebten klagt, zu hören und nicht zuletzt auch Wehmut und Trauer in dem Lied der Thunfisch-Fischer.

Höhepunkt des Konzerts war die Darbietung einer der Lieblingstarantellen von Rosa Balistreri und wenn das Publikum auch nicht „tanzte, bis das Gift der Spinne herausgeschwitzt war“, zeigte sich doch gerade hier die vitale Energie und die große Schlichtheit der sizilianischen Volksmusik am augenscheinlichsten. Zur berührenden Eindringlichkeit des sehr „intimen“ Konzerts „Canta Ro“ in Trio“ (es gab zuerst eine Fassung mit großem Orchester) trug ganz entscheidend die Virtuosität der Musiker Hinrich Dageför und Frank Wulff bei. Mehr als ein Dutzend Instrumente brachten beide zu Gehör, darunter viele historische, aber auch eine „singende Säge“ und ein Glas mit Wasser, das das „Testament“ der Balistreri schlicht rahmte.

Ganz am Ende gab es noch zwei Kostproben aus dem neuen Programm Etta Scollos „les siciliens“ und nach diesem mehr als gelungenen musikalischen Sommerferienauftakt unmittelbar im Anschluss des umjubelten Auftritts den nächsten Höhepunkt – die ersten Feuerwerkskörper aus dem nahegelegenen Bugapark erleuchteten das der italienischen Renaissance nachempfundene Belvedere eindrucksvoll. Astrid Priebs-Tröger

Astrid Priebs-Tröger

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