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Gemütlich im Sexstreik. Branka Schwab Rocuant als Athenerin und Emmi Wellnitz. als Spartanerin (v. l.) habe sich gegen ihre kriegstreibenden Männer verbündet und machen es sich in der Akropolis bequem. Bartholomäus Baumberg spielt einen der Krieger im neuen Stück der Flutlicht-Theatergruppe.

© Andreas Klaer

Kultur: Erst Frieden, dann vögeln

Jugendtheatergruppe Flutlicht führt „Handmaid Peace“ auf – frei nach Aristophanes’ „Lysistrata“

Die Frauen haben die Schnauze gestrichen voll. Seit Jahren herrscht Krieg zwischen Sparta und Athen, ihre Männer und Söhne sterben auf dem Schlachtfeld. Und so greifen sie zu einem drastischen Mittel: Sie verbünden sich, verschanzen sich auf der Akropolis und gehen in einen Sexstreik, um die Männer zum Friedensschluss zu bewegen. Ihre Anführerin ist Lysistrata. Die gleichnamige Komödie vom griechischen Dichter Aristophanes wurde im Jahr 411 vor Christus – im 20. Jahr des Peloponnesischen Krieges – uraufgeführt. Und seitdem in verschiedensten Adaptionen als Theaterstück oder Film umgesetzt. Jetzt bringt die Jugendtheatergruppe „Flutlicht“ das Stück auf die Bühne. Am morgigen Freitag ist Premiere von „Handmaid Peace“.

Den Anspruch, ein politisches Stück zu inszenieren, hatten sie nicht, sagen die jungen Schauspieler. Eher hatten sie ein Werk gesucht, in dem es um Sexualität und Rollenverhalten geht. „Wir spielen immer Stücke, die unsere eigene Altersgruppe interessieren“, sagt Emmi Wellnitz. Jetzt sind sie zwischen 17 und 19 Jahre alt, spielen aber schon seit mehr als zehn Jahren zusammen in der Theatergruppe, die zum Offenen Kunstverein gehört. Zunächst waren das Kinderstücke, als Teenager fanden sie Krimis gut und Science-Fiction. Nun geht es weit zurück in die griechische Antike, ein Vorschlag von Theatergruppenleiterin Nikki Bernstein. Und es passt – in vielerlei Hinsicht: „Handmaid Peace“ nach Lysistrata ist frech und lustig, aber eben auch politisch. Und bedrückend. „Die erste Szene, wenn die Frauen, die zum Teil im Publikum sitzen, die Namen der Verstorbenen flüstern, das ist schon heftig“, sagt Bartolomäus Baumberg. Der 19-Jährige spielt einen Soldaten. „Nur einen Soldaten“, sagt er. Denn die Männer kommen im Stück nicht gut weg. Alle sind irgendwie trottelig oder Machos, sagen die Mädels. Und trotzdem wollten auch die Jungs das Stück spielen. Weil das Thema letztlich alle angeht. „Wir wünschen uns, dass mal über das Rollenverhalten von Frauen und Männern nachgedacht wird“, sagt Branka Schwab Rocuant, die eine Athenerin spielt. Im Stück müssen die Männer alleine klar kommen, keiner steht für sie am Herd. Und auch die Frauen werden selbstständiger. Es sei deshalb auch ein Emanzipationsstück.

„Am Ende lernen alle was, beide Seiten. Dass man Dinge als Kollektiv verändern kann“, sagt Emmi Wellnitz. „Es gibt Frieden, die Strategie die Frauen geht auf – aber sie ist kein Allheilmittel.“ Denn, das ist die zweite Erkenntnis: Ganz ohne Männer geht es eben auch nicht.

Denn natürlich gibt es auch Frauen, die von der Idee gar nicht begeistert sind. Paare, die heiß verliebt sind. Frauen, die sich ein Baby wünschen. „Aber wie willst du ein Kind in Kriegszeiten groß ziehen“, wird denen dann gesagt. An solchen Stellen wird das Stück immer wieder politisch. Auch das Ende lässt sich politisch deuten. Denn der geschlossene Frieden bringt zwar erstmal Ruhe, aber wie geht es weiter? Die Paare, die sich im Stück finden oder wiederfinden, erzählen ganz verschiedene Geschichten. Und gehen zuletzt in unterschiedliche Richtungen. „Das ist der eigentliche spannende Punkt: Wie geht es mit denen jetzt weiter?“, sagt Emmi Wellnitz. Vorher war man verfeindet, die Athener bildeten sich was auf ihre Bildung und Vornehmheit ein, die Spartaner waren tolle Krieger. Das verursacht auch unter den Frauen, die doch eigentlich alle das Gleiche wollen, nämlich Frieden, Konflikte.

Nachdem es auf der Burg Akropolis dann aber doch gut läuft, wollen manche Frauen gar nicht mehr zurück nach Hause – noch ein Problem. Aber schon Aristophanes hat geahnt, dass das nicht einfach wird, und den Stoff deshalb in eine Komödie gepackt. Es gibt jede Menge komische Szenen, vor allem von triebgesteuerten Männern. Immer wieder werden welche bei Einbruchsversuchen in die Akropolis erwischt. Auch Frauen versuchen, sich heimlich mit ihren Liebhabern zu treffen. „Wir müssen an was Asexuelles denken“, rät ein Krieger den Männern. „Linsensuppe, Fraktionsrechnen“, wird vorgeschlagen. „Tassos Frau“, ruft jemand. „Nein, die finde ich scharf!“, kommt die Antwort. Die Krieger tragen Speere mit sich, selbstgebaut von der Theatergruppe. Sie lassen sich bei Bedarf in die Länge ziehen und mal als Waffe, mal als Symbol für einen erigierten Penis einsetzen – nein, die Männer kommen wirklich nicht sehr gut weg in dem Stück.

Zusätzlich werden einige Frauenrollen mit Männern besetzt und umgekehrt. Der Rollentausch ist offensichtlich und gehört zum Stück. Es gibt Männer, die sich als Frau fühlen, einer wünscht sich sogar ein eigenes Baby. „Es geht also auch um Toleranz, um die Frage, wie eine Gesellschaft mit solchen Dingen umgeht“, sagt Baumberg. „Die alten Griechen waren wohl relativ tolerant in dieser Hinsicht.“

Aufführungen in der Fabrik am 24. und 25. Februar um 20 Uhr, am 26. Februar um 16 Uhr, Karten: 8 Euro, ermäßigt 5 Euro

nbsp;Steffi Pyanoe

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