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Kultur: Erotisch? Pornografisch? Schockierend? „Bedways“: ein Spiel um Liebe und Voyeurismus

„Bedways“ ist ein Film der vielen Möglichkeiten. Möglichkeiten, die der Zuschauer hat.

„Bedways“ ist ein Film der vielen Möglichkeiten. Möglichkeiten, die der Zuschauer hat. Er kann diesen Film mögen, sich von ihm faszinieren, sich verwirren oder verstören lassen. Er kann ihn ablehnen, angewidert sein oder sich einfach nur ärgern über das, was er dort in den 79 Minuten zu sehen bekommt, sehen muss. Verwirrt sein über das, was ihm in„Bedways“ erzählt oder nicht erzählt wird. Und alles gleichzeitig. Denn „Bedways“ ist eine Herausforderung.

Der seit Anfang Juni in den Kinos laufende Film des Regisseurs RP Kahl will ein „Spiel um Liebe, Verführung und Voyeurismus“ zeigen, wie es im Pressetext heißt. Am Sonntag waren Regisseur RP Kahl und die Hauptdarstellerin Miriam Mayet zu einem kurzen Filmgespräch über „Bedways“ zu Gast in den Babelsberger Thalia Arthouse Kinos.

Erzählt wird in „Bedways“ nun die Geschichte von Nina, Marie und Hans, drei jungen, irgendwie ziel- und orientierungslos wirkenden Menschen.Nina will einen Film drehen, in dem vor allem Sex eine Rolle spielen soll. Kein gespielter, sondern echter. Marie und Paul (Lana Cooper und Matthias Faust) sind die Schauspieler, die Nina (Miriam Mayet) in eine heruntergekommene BerlinerAltbauwohnung einlädt, um mit ihnen Probeaufnahmen für ihren Film zu machen. Ein Drehbuch existiert nicht, nur ein paar vage Skizzen. Daneben ein paar Dialoge, die das typische und gelangweilte aneinander vorbeireden typischer und gelangweilt aneinander vorbeilebender Pärchen widerspiegeln, dienen als Aufhänger für das Körperliche. Denn wenn man sich schon nichts mehr zu sagen hat, bleibt zumindest der Sex als letztes verzweifeltes Zucken eines verendenden Tieres namens Liebe. Wo die Worte fehlen, sollen also die Körper sprechen.

So ist viel Körperliches in „Bedways“ zu sehen. In den großen und so leeren Räumen der Altbauwohnung, die so groß und leer sind, wie das Leben von Nina, Marie und Paul zu sein scheint. Und in einem Art Darkroom für Schwule, versteckt in einem Kellerlabyrinth. Alles morbide Orte, von kaltem Licht ausgeleuchtet, an denen nur der Sex eine Chance hat, die Liebe aber nicht. Und so verwundert es kaum, dass Nina eigentlich nicht so recht weiß, um was es in ihrem Film geht, außer um Sex. Sie ist ein Voyeurin, die Nina und Paul zum Äußersten treibt, ihre vage Filmhandlung mit der Wirklichkeit vermischen lässt und zum Ende hin von der Zuschauerin zur Handelnden wird.

„Bedways“ ist nicht im üblichen Kinobreitwandformat von 16:9, sondern im schmalen 4:3-Format im Kino zu sehen. Wie Regisseur RP Kahl im Filmgespräch sagte, habe er sich bewusst für dieses Format entschieden, das dem der Porträts in der Fotografie entspreche. Denn er wollte, das der Zuschauer Nina, Marie und Paul im Film wie in Portraits erleben, beobachten und vielleicht auch verstehen kann. Ansonsten muss der Zuschauer viel aushalten. Muss hinschauen, wo er vielleicht gar nicht so genau hinschauen will. Wird oft Zeuge von frontaler Körperlichkeit, die bewusst die Grenze zum Pornografischen und oft genug zum Erträglichen sucht. Das ist anstrengend. Vor allem die schonungslose, minutenlange Selbstbefriedigungsszene von Nina vor einer Kamera im Darkroom für Schwule. Für sie sei diese Szene extrem anstrengend gewesen, erzählte Miriam Mayet. Ihre Leidenschaft für den Tanz habe ihr dabei geholfen, sich in ihren Körper fallen zu lassen, auf ihn als Rolle zu vertrauen. RP Kahl fügte hinzu, dass er in den zahlreichen Filmgesprächen zu „Bedways“ eine interessante Beobachtung hat machen können. Männer würden auf diese intensive Szene oft irritiert und auch ablehnend reagieren, Frauen dagegen nannten sie interessant. Manchen gefiel sie sogar.

Erotisch? Pornografisch? Intensiv? Schockierend? Interessant? Oder einfach nur widerlich? All das muss jeder einzelne Zuschauer für sich selbst herausfinden. Denn „Bedways“ ist ein Film der vielen Möglichkeiten. Dirk Becker

„Bedways“ 21.15 Uhr im Thalia.

Dirk Becker

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