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Kultur: Eine Nacht im Märchenfieber Besucherrekord bei 4. Märchennacht im T-Werk

Jung und alt strömten an diesem bitterkalten Samstagnachmittag in Scharen ins T-Werk. Schon zu Beginn waren 400 Besucher da, von denen T-Werk-Leiter Jens-Uwe Sprengel keinen nach Hause schicken wollte.

Jung und alt strömten an diesem bitterkalten Samstagnachmittag in Scharen ins T-Werk. Schon zu Beginn waren 400 Besucher da, von denen T-Werk-Leiter Jens-Uwe Sprengel keinen nach Hause schicken wollte. Also wurden nicht wie geplant nur zwei sondern zeitweise vier Vorstellungen parallel gespielt. Aber selbst in den Spätvorstellungen, um 21 beziehungsweise um 22.30 Uhr, konnte nicht pünktlich begonnen werden, weil immer noch enger zusammengerückt werden musste, damit auch die letzten Interessenten auf Sitzkissen oder Biertischbänken einen Platz finden konnten. Und selbst in diesen Aufführungen waren, wie auch die Jahre zuvor, noch Schulkinder zu sehen, die sich genau wie ihre Eltern im andauernden Märchenfieber befanden.

Unter dem Motto „Das Magische Labyrinth“ hatte das T-Werk in diesem Jahr neben seiner eigenen zauberhaften „Alice im Wunderland-Inszenierung“ fünf weitere, zumeist aus Berlin und Hamburg, sowie auch zwei Märchenerzähler eingeladen, die es gemeinsam auf insgesamt 20 Vorstellungen in sechseinhalb Stunden brachten. Zu erleben waren alte Bekannte wie das Figurentheater Spectaculum mit seiner witzigen „Hase-und-Igel“ Inszenierung für die ganz Kleinen wie auch die beeindruckende Schattentheatervorführung „Königs Weltreise“ vom Berliner Theater Handgemenge, die zum ersten Mal in Potsdam zu erleben war. Dazwischen gab es sowohl die schönsten Tiermärchen aus aller Welt als auch russische, englische und auch türkische Volksmärchen zu hören.

Das war neu und kam so gut an, dass man durchaus überlegen könnte, diese Märchennacht noch weiter auszuweiten. Am frühen Abend war dann einer der Höhepunkte zu erleben: das in Potsdam bereits mehrfach aufgetretene tschechische Theater Divadlo Lisen aus Brno mit seiner poetischen und bildgewaltigen Erzählung „Paramisa“. Die davon handelt, wie ein schlauer Romajunge die Liebe seines Lebens findet und gleich wieder verliert. Und obwohl in 1000 Stücke gerissen, sich aufmacht, den mächtigen Drachen endgültig zu besiegen. Dieses wilde Musiktheater, das in Zusammenarbeit mit Roma-Künstlern entstand, bezauberte nicht nur durch die vorwitzige Geschichte und die Livemusik, sondern auch durch farbenprächtige Kostüme, die tolle Drachenfigur und den überaus wandlungsfähigen Leiterwagen, der in dieser Geschichte einfach alles darstellen kann.

Abenteuerlich und wild ist auch das, was dem jungen Königssohn im Grimmschen Märchen vom „Eisenhans“ widerfährt. Und es ist jedes Mal eindrucksvoll, wenn die Potsdamer Schauspielerin Suse Weiße mit nur ganz wenigen Requisiten ihre vitalen Geschichten erzählt. Waren es im letzten Jahr noch drei Dinge – neben einer Schüssel und einem Eimer noch ein Dutzend Streichholzschachteln – trat sie diesmal ohne jede Zutat in den Scheinwerferkegel auf der Probebühne. Wie es ihr dabei gelingt, selbst jüngere Kinder in die magische Märchenwelt mitzunehmen, ist beeindruckende Schauspielkunst.

Etwa 60 „Flachfiguren“, viele bewegliche Lichtquellen sowie ein „geschenktes Trampolin“ benötigten dagegen Peter Müller und Annette Wurbs vom Theater Handgemenge, um auf der großen Bühne des kindischen Königs Weltreise in Szene zu setzen. Diese liebevoll erzählte, ziemlich skurrile Geschichte lebte von der (philosophischen) Fabulierfreude der beiden, daneben auch noch selbst musizierenden Puppenspieler, die sich genau wie ihre Protagonisten König Knut und Elfriede alias Frau Kümmer noch so manchen Streit auf offener Szene lieferten. Viel Beifall für dieses Schattentheater-Highlight, das in seinen New-York-Szenen beinahe wie ein Film daher kam. Und obwohl diese Inszenierung an diesem Abend eigentlich nicht zu toppen war, gelang es Pierre Schäfer und Jens Finke zum Abschluss auf der Probebühne mit Bravour, die letzten Zuschauer in ihre hintergründige und clowneske „Gevatter Tod-Inszenierung“ zu entführen. Und danach ganz ohne Alpträume in die Nacht zu entlassen. Astrid Priebs-Tröger

Astrid Priebs-Tröger

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