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Kultur: Ein weiterer Pinselstrich

POTSDAMEN lesen und musizieren: Lesenacht in der Galerie Samtleben

POTSDAMEN lesen und musizieren: Lesenacht in der Galerie Samtleben Nur wenige Schritte vom diesjährigen Schlössernachts-Event entfernt fand am Samstagabend eine literarisch-musikalische Veranstaltung in der Brandenburger Straße 66 statt. Galeristin Ute Samtleben hatte die POTSDAMEN – die Modelle der gleichnamigen Ausstellung der Malerin Claudia Hauptmann – eingeladen, vor ihren Porträts ihr ganz persönliches Lieblingsgedicht zu lesen. Und sie erschienen zahlreich, um aus eigener Kraft und mit großem Improvisationsgeschick einen gehaltvollen literarisch-musikalischen Abend zu zaubern. Immer wieder blieben Passanten stehen, angelockt von Lautenmusik des englischen Frühbarocks, mit der Frank Pschicholz wirkungsvoll und in schönem Kontrast zu den heutigen Frauenporträts auf die Lesenacht einstimmte. Begonnen wurde mit Johannes Bobrowskis „Sprache“ und Ute Samtleben führte danach charmant durch“s fast 90-minütige Programm. In dem es einiges zu hören gab, viel Bekanntes von Rilke, Hölderlin und Hesse bis hin zu Ingeborg Bachmann und Francois Villon, aber auch Zeitgenössisches von Eo Scheinder und Jörg Niebelschütz. Und wie die POTSDAMEN es vorlasen oder ihre Auswahl begründeten, war das meiste neu und einmalig. Außerdem fügte die jeweils Vortragende damit ihrem gemalten Porträt einen weiteren Pinselstrich zu, zeigte noch etwas mehr her als ihr Gesicht. So auch Gisela Rüdiger, Chefin der Gauck-Behörde Brandenburg, die wunderbare Gartenschilderungen von Karl Foerster las. Oder Saskia Hüneke, die sich als Morgenstern-Liebhaberin zu erkennen und „Das große Lalula“ mit viel Esprit zum Besten gab. Nicht ohne vorher gesagt zu haben, dass ihr in manch langwieriger Stadtverordnetenversammlung danach gewesen wäre, selbiges zu tun. Weniger heiter, aber sehr eindringlich war der Programmteil, den die Potsdamer Cellistin Reinhild Cleff bestritt. Mit der d-moll Suite von Johann Sebastian Bach stimmte sie auf einen biografischen Text ihrer Schwester, der Schriftstellerin Gisela Kraft, ein. Mit sprachmächtigen Bildern beschrieb diese das Unbeschreibliche – die Zerstörung Weimars – welche die Vortragene unmittelbar vor ihrer eigenen Geburt miterleben musste. Bach trug das Schwere und tröstete. Daran anzuschließen war den jüngeren Frauen des POTSDAMEN-Reigens vorbehalten, die sich dann mit Mascha Kaleko, „sozusagen ohne Grund“ ihres Lebens freuten oder das „Lied an den Geliebten“ von Heinz Kahlau rezitierten. Auf dem Höhepunkt des Abends brachte sich Kammersängerin Gabriele Näther ins Spiel, anfangs unangekündigt mit Aphorismen von Wilhelm Busch, um dann ihr Lieblingsgedicht natürlicherweise zu singen. Sie bezauberte mit Theodor Storms „Nachtigall“ (Alban Berg) und gab zum Schluss voll und wohlklingend den „König von Thule“ als Zugabe. Die versammelten Zuhörer genossen es sichtlich und dankten mit herzlichem Applaus. Bei einem Glas Wein und angeregten Gesprächen konnten alle den Abend im begrünten Innenhof ausklingen lassen. Vielleicht hat die Galeristin damit ja eine neue Potsdamer Lesereihe ins Leben gerufen, das Engagement der POTSDAMEN und die Resonanz des Publikums böten eine gute Basis dafür. Astrid Priebs-Tröger Im Rahmen der Ausstellung: am 15. September, 20 Uhr, „Das Professorinnen-Kollegium tagt zur Porträtmalerei“.

Astrid Priebs-Tröger

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