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Club der toten Dichter.

© Agentur

Kultur: Ein Rainbird singt Repkes Rilke

Katharina Franck & Der Club der toten Dichter

Es ist ein streng geheimes Ritual: In einer Höhle mitten im Wald treffen sich Nacht für Nacht ein paar Internatszöglinge eines amerikanischen Colleges – nicht etwa, um sich am Genuss Bewusstseins erweiternder Drogen zu berauschen, sondern um einer ganz besonderen Leidenschaft zu frönen: der Liebe zur Poesie. Angesteckt von der Literaturbegeisterung ihres Englisch-Lehrers, entdecken sie mit den Werken längst verstorbener Dichter eine Welt des freien Denkens – eine Welt, die im kompletten Gegensatz zum erzkonservativen Milieu ihres Schulalltags des Jahres 1959 steht.

„Der Club der toten Dichter“, wie sich der poetische Geheimbund in Tom Schulmans oscar-gekröntem Drehbuch nennt, wurde 1989 zu einem großen Kinoerfolg – den Nancy H. Kleinbaum in der Folge mit einem gleichnamigen Bestseller-Roman für sich zu nutzen wusste. Und er lebt noch immer: Im Jahr 2005 gründet der Berliner Komponist, Gitarrist und Sänger Reinhardt Repke seinen „Club der toten Dichter“. Die toten Dichter fallen ihm dabei gewissermaßen ganz unvermutet vor die Füße.

Ein Freund empfiehlt ihm, gegen Liebeskummer Heinrich Heine zu lesen – und siehe da: die alten Verse aus dem „Buch der Lieder“ verfehlen ihre wohltuende Wirkung nicht, verfangen sich in Repkes Kopf und Herz und inspirieren ihn zu einer Neuvertonung. Rasch gewinnt er mit dem Sänger Dirk Zöllner und zwei weiteren Musikern prominente Club-Verstärkung: Im Februar 2006 geht man mit dem Heine-Programm auf Tour – am Ende sind über 60 Konzerte in ganz Deutschland gespielt. Der unvermutete Erfolg ermutigt Repke zu einem weiteren „Streich“: für sein Wilhelm Busch gewidmetes Programm holt er sich „Keimzeit“-Sänger Norbert Leisegang mit ins Boot – auch dieses Programm begeistert landauf-landab.

Nicht anders ergeht es Repkes jüngstem Projekt, in dem der „Club“ nun erneut einen nur vermeintlich toten Dichter liebe- und respektvoll reanimiert: Rainer Maria Rilke. Selbst wer von den Rilke-Rezitationsprojekten der letzten Jahre nichts mitbekommen hat, kennt zumindest „Herbsttag“ und „Der Panther“. Doch Reinhardt Repke möchte nicht auf bleierne Bedeutungsschwere setzen: „Wenn ich Single bin und kein Haus hab’“, grinst er, „dann bau ich mir vielleicht im nächsten Jahr eins.“ Den alten Rilke-Texten verpasste er neue musikalische Gewänder und schneiderte Popsongs, die zwischen Singer/Songwriter, Folk und Country angesiedelt sind.

Bei der Sängerauswahl für seinen Rilke-Liederabend bewies der Club-Chef erneut ein sicheres Händchen: mit Katharina Franck – der unverwechselbaren Frontfrau und Stimme der RAINBIRDS – nimmt erstmalig eine Frau an Repkes Seite Platz. Mit dabei sind der ehemalige Rainbirds-Schlagzeuger Tim Lorenz, Andreas „Spatz“ Sperling von „Keimzeit“ an den Tasten und Bassist Markus Runzheimer. Auf die Frage, ob bzw. was der 1926 verstorbene RMM uns heute noch zu sagen hat, hat Katharina Franck sofort eine Antwort parat: Dass nämlich all unsere Empfindungen, Ängste, Nöte, Zweifel und Fragen absolut berechtigt sind – und sich von denen unserer Altvorderen in nichts unterscheiden.

Astrid Weidauer

12. November, 20 Uhr, Großer Saal: Potsdamer Crossover Konzert

Astrid Weidauer

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