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Eine Apothekerwaage aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erinnert daran, dass auch Fontane gelernter Apotheker war.

© Frank Gaudlitz

Ein Kunstbuchschatz von Julia Schoch und Frank Gaudlitz: Den inneren Fontane finden

Julia Schoch und Frank Gaudlitz haben mit „Fontaneske“ einen Kunstbuchschatz kreiert. Zitate daraus sind auch in einer Ausstellung in den Bahnhofspassagen zu sehen.

Von Sarah Kugler

Potsdam - Beim ersten Durchblättern steigt kurz der Ärger hoch. Über Wörter, die einfach am Seitenrand abgeschnitten wurden, über Texte, die somit nicht lesbar sind. Der Clou des Ganzen erschließt sich kurz danach: Die abgeschnittenen Texte animieren zum suchenden Umblättern und führen dabei zum gesamten Text.

Es ist ein kleiner Buchschatz, den Autorin Julia Schoch und Fotograf Frank Gaudlitz gemeinsam mit dem Potsdamer vacat Verlag sowie dem Kulturland Brandenburg zum Fontanejahr kreiert haben. „Fontaneske. Einmal so schreiben, so reisen: als ginge es um nichts“, heißt es und beinhaltet kurze Texte sowie Bilder, die von Theodor Fontanes Brandenburger Wanderungen inspiriert wurden. Wer hier nun die üblichen modernen Reiseberichte erwartet, ist auf dem Holzweg. Vielmehr nähern sich die beiden Künstler Fontane auf einer ganz persönlichen Ebene an, suchen ihn als Menschen, als Suchenden, manchmal auch als Verlorenen.

Als „eine innere Biographie eines schöpferischen Menschen“ bezeichnet Julia Schoch das Fontaneske-Buch – ob sie damit ihre eigene oder die von Fontane meint, lässt sie bewusst offen. Direkte Zitate aus dem Werk Fontanes verwendet sie dabei nicht, Fans können aber Bekanntes entdecken, sagt sie.

Fundgrube für Fontanefans

Tatsächlich klingt etwa das Wort „Heimattümelei“ sehr nach Fontane. Auch ein „Gespenster, allerorts“ könnte aus seiner Feder stammen, die wirklichen Kenner werden es besser wissen. Manchmal richten sich Schochs Texte scheinbar direkt an Fontane, etwa wenn sie schreibt: „Es ist nicht so, dass du zögerst und zauderst, du arbeitest wie von Sinnen, fleißig, beinahe gehetzt fertigst du Satz um Satz.“ Überhaupt thematisiert sie das Schreiben oft. Worte wie „Man kann sterben, man kann wahnsinnig werden oder man schreibt“, hallen nach dem Lesen noch lange nach – und sind in ausgewählten Zitaten derzeit auch in den Bahnhofspassagen zu lesen. Begleitend zum Buch ist dort noch bis zum 19. Mai eine Ausstellung zu sehen, die auch einige von Frank Gaudlitz’ Bildern zeigt.

Birnen in Ribbeck.
Birnen in Ribbeck.

© Frank Gaudlitz

Verwunschene Bilder, bewegende Texte

Auch sie heben sich ab von den üblichen Wanderungs-Bildbänden, zeigen etwa eine verwunschene Waldlandschaft am Schwielowsee oder ineinander verzweigte Bäume in Werder/Havel, die miteinander zu reden scheinen. Faulende Birnen in Ribbeck oder eine Apothekerwaage weisen konkret auf Fontane hin.

Im Entstehungsprozess des Buches waren Gaudlitz’ Bilder oft zuerst da, wie er erzählt. Schoch ließ sich von ihnen für ihre Texte inspirieren. Diese Verbindung ist in dem kleinen Buch zu spüren. Es ist eine tiefgehende künstlerische Auseinandersetzung mit Fontane, die zeigt, wie der märkische Dichter heute noch berühren kann. Wo Anknüpfungspunkte bestehen zwischen ihm und Künstlern der Gegenwart. Bei jedem Durchblättern des Buches können diese neu entdeckt werden.

— Julia Schoch, Frank Gaudlitz: Fontaneske. Einmal so schreiben, so reisen: als ginge es um nichts. vacat Verlag, 2019, 84 Seiten, 16 Euro.

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