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Einer der Protagonisten in Sabine Michels Dokumentarfilm "Montags in Dresden". 

© Solofilmproduktion

Dokumentarfilm: Pegida-Film polarisiert Potsdamer Publikum

Sabine Michels Dokumentarfilm „Montags in Dresden“ versucht, die Beweggründe von Pegida-Demonstranten zu verstehen. In der Potsdamer Landeszentrale für Politische Bildung wurde er gezeigt - bei aufgeheizter Stimmung.

Von Helena Davenport

Potsdam - Seit Oktober 2014 rufen sie montags auf den Straßen: „Merkel muss weg!“. Die, die sich damals als „patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) formiert haben, gelten vielen als die Abgehängten, ihre Gründe als Nonsense. Wutbürger, Nazis!, brüllen die einen. Lügenpresse, Wohlstandsbürger!, die anderen. Gespräche zwischen beiden Seiten erscheinen zwecklos – deswegen lässt man es meistens einfach bleiben. 

Der Regisseurin Sabine Michel, die selbst aus Dresden kommt, an der Filmhochschule Babelsberg studiert hat, wollte das anders machen. Als Pegida begann, kehrte sie, nach 27 Jahren, in ihre Heimat zurück, um den Demonstrierenden auf Augenhöhe zu begegnen: Wer sind die eigentlich? Seitdem ihr Film im Herbst auf dem Filmfestival Dok Leipzig Premiere feierte, ist sie mit „Montags in Dresden“ auf Tour. Am Mittwoch stellte sie ihre Dokumentation in der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung in Potsdam vor. Martina Weyrauch, Leiterin der Landeszentrale, moderierte. Mit dabei war auch die Schulberaterin Birgit Schröder. Während des Films war es ruhig, später flogen Türen.

Der Film stellt drei Pegida-Anhänger vor - bewusst keine Hooligans

Der Film beginnt mit Deutschlandflaggen. Was dann kommt, muss man aushalten können. Weil genau das eben auch zu Deutschland gehört – so viel macht der Film deutlich, wenngleich er die Entwicklungen im vergangenen Jahr nicht berücksichtigen kann. Michel stellt drei Protagonisten vor, ganz bewusst hat sie keine Hooligans ausgewählt. Sie kommen aus der Mitte der Gesellschaft. 

René Jahn, der zum Orga-Team von Pegida gehörte, dann später zurücktrat, will, dass Dresden so bleibt, wie es ist. Der Westen sei mit einer Überfremdung aufgewachsen, die er nun dem Osten aufdränge. Jahn ist 51 Jahre alt, nach der Wende scheiterte er als Selbstständiger. Vorher hat er die CDU oder FDP gewählt. Jetzt setze er sich für die Nichtwähler ein, sagt er, während er Postkarten verteilt. „Einigkeit, Recht und Freiheit“ steht da drauf. Die Menschen sollen darüber nachdenken, ob diese Werte hier noch existieren, sagt Jahn. Er möchte nicht als Nazi beschimpft werden, stattdessen sollten die Medien mit Leuten wie ihm reden. Als einer dann tatsächlich mit ihm diskutieren will, gibt er ihm zu verstehen, dass er nicht so viel Zeit habe.

Angst beim Joggen, Notrationen im Vorratsraum 

Sabine Ban ist jünger als Jahn. Ihr kleiner Sohn ist Autist, deswegen kann sie nicht arbeiten gehen. Ban hat Angst, abends zu joggen. Es werde ja nicht kontrolliert, ob die Leute, die nach Deutschland kommen, auch Demokratie-tauglich seien. In ihrem Vorratsraum hortet sie Klopapier, Dosenwurst und Instantkaffee – als Absicherung im Falle einer Auseinandersetzung mit Russland, oder eines Bürgerkriegs. Über die hiesigen Unruhen würden die Medien ja nicht berichten. Ihr Vater kam aus Ungarn in die DDR. Wenn sie sagt, dass sie seine Sprache nie gelernt hat, weil man die in Deutschland nicht brauche, hat man Mitleid mit ihr – auch wenn die Regisseurin genau das nicht erzeugen will.  Schulberaterin Schröder beschreibt am Mittwoch in Potsdam auch ihr Mitleid mit Ban. Prompt steht eine Frau aus dem Publikum auf: Das sei eine Frechheit, ruft sie laut. Wenig später verlässt sie den Raum. Auch die Moderation wird von Pegida-Sympathisanten als populistisch und wertend empfunden. Als herablassend bezeichnete ein Gast die Stilmittel im Film, etwa eine Szene, in der Jahn putzt – seine Enttäuschung gegenüber den Reinigungsmitteln aus dem Westen soll für seine Enttäuschung im Allgemeinen stehen: Nicht das drin, was drauf steht. Die Stimmung in der Landeszentrale ist aufgeheizt. „Wann dürfen wir mal reden?“, fällt eine Frau der Regisseurin ins Wort, als die eine Frage aus dem Publikum beantworten will.  Ihr Film zwinge dazu, den anderen zuzuhören, sagte Michel, und das stimmt. Er macht bewusst, dass Pegida nicht unter den Teppich zu kehren ist. Gegen Ende meldet sich eine Frau aus dem Potsdamer Publikum zu Wort: Film und Veranstaltung würden deutlich machen, um welche Grenze es hier auch gehe – nämlich um die zwischen Ost- und Westdeutschland. 

Mehr Informationen zum Gründer des Potsdamer Pegida-Ablegers Pogida finden Sie hier.

Mehr Informationen zum Film und Hinweise zu Aufführungsterminen in Berlin finden Sie auf der Seite der Produktionsfirma.

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