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Der Choreograf Michael Ihnow wohnt in Potsdam und tanzt mit Celia Millán Tango.

© Benjamin Ihnow

Digitaler Tanz in Zeiten von Corona: Tango ohne Grenzen

Warum der Choreograf Michael Ihnow dem Tango verfiel und in Potsdam nun zur Gala lädt – online.

Potsdam - Filme im Stream gehören längst zum neuen Normal. Sogar an digitales Theater konnte sich wer wollte in kulturdefizitärer Corona-Zeit gewöhnen. Aber wenn mit „Ballet sin Fronteras“ nun eine Ballettgala online angekündigt wird, lässt das doch aufhorchen. Zumal, wenn ein Potsdamer dabei ist, und nicht irgendeiner: Michael Ihnow. Ballettsolist, Choreograf, Schauspieler, Regisseur. Er ist unter anderem neben Natalja Wörner in „Die Diplomatin“ zu sehen.
Seit beinahe 20 Jahren ist Michael Ihnow neben all dem auch Tangotänzer. 2001 lernte er die argentinische Tänzerin Celia Millán kennen, ließ sich durch ihre Tango-Begeisterung anstecken. „Diese Freiheit, zu gestalten, gibt es bei keinem anderen Gesellschaftstanz“, sagt Ihnow. „Tango bietet eine unglaubliche Vielfalt.“ Gemeinsam mit Millán reiste er durch die Welt, tanzte in Prag, Berlin und Moskau, vor riesigem Orchester. Die argentinische Stadt La Plata hat ihn sogar zum Ehrenbürger ernannt.

Tänzer Michael Ihnow plant für Potsdam auch ein Tanzfestival für Sommer 2021.
Tänzer Michael Ihnow plant für Potsdam auch ein Tanzfestival für Sommer 2021.

© Benjamn Ihnow

Schüler von Gret Palucca in Dresden

Ihnow, geboren 1969 in Ludwigsfelde, lebt inzwischen schon so lange in Potsdam, dass er kurz nachdenken muss: 15 Jahre. In den 1980er Jahren war er Schüler bei der Tanz-Ikone Gret Palucca in Dresden. Dort lernte er, was er auch am Tango mag: Improvisation. Er war 17 Jahre lang Balletttänzer, lernte das Korsett von klassischen Choreografien kennen. 25 Jahre lang jeden Tag intensives Training. Als damit Schluss war, blieb der Tanz, den er jetzt noch immer intensiv betreibt; der Tango. Wenn er nun selbst choreografiert, fließt beides zusammen: die Strenge der festen Choreografie und die Freiheit des Tango Argentino.  Wie in „Sarabande“, dem Stück, das in der geplanten Gala am morgigen Sonntag seine Premiere feiern wird. Ihnow hat es für Celia Millán geschrieben, nach der gleichnamigen Musik von Bach. Ebenfalls auf dem Programm: „Oblivion“, nach Musik von Astor Piazzolla. Hierin tanzt Michael Ihnow auch selbst.

Eine Gala, geplant für das Waschhaus Potsdam

Daran, dass die von Celia Mallán initiierte Gala „Ballet sin Fronteras“ online schillern wird, ist Corona schuld. Geplant war sie, eine Premiere, für die Arena des Waschhauses Potsdam. Eingeladen waren 25 Tänzerinnen und Tänzer aus sieben Ländern. „Ballet si fronteras“ hat bereits zweimal stattgefunden, in Argentinien. 2020 sollte erstmals der Brückenschlag nach Potsdam geschafft werden. Das ist nun auf 2021 verschoben. Damit nicht alles ausfallen muss, kam Celia Mallán auf die Idee, das Event digital abzuhalten: Mit Live-Streams aus Mailand, Atlanta, Buenos Aires, Monte Video und Sao Paulo. Für umgerechnet 3,20 Euro ist man dabei. Nur aus Potsdam wird es eine Aufzeichnung aus dem Palais Lichtenau geben: Michael Ihnow darf am Abend schon wieder drehen.

Von Corona ausgebremst - und inspiriert

„Corona hat mich ganz schön ausgebremst“, sagt Ihnow. „Erst war ich froh über die Zeit, aber dann wurde die Zeit immer länger, die Projekte immer weniger.“ Drehtermine in Rom, Auftritte in der Deutschen Oper, eine Regiearbeit in Chemnitz – all das muss warten. Das Mikrostipendium des Landes Brandenburg brachte ihn dann auf die Idee, die Zeit für etwas anderes zu verwenden: eine neue Choreografie. „Piazzolla 2021“ lautet der Arbeitstitel, Anlass ist der 100. Geburtstag des Komponisten. Premiere soll im März im T-Werk sein. Auch ein Tango-Festival plant Ihnow, für Potsdam. Das brachte Corona eben auch mit sich, sagt Ihnow: Plötzlich konzentriert man sich auf das Naheliegende. 

Karten für „Ballet sin fronteras“ am 15.11. sind auf Eventbrite.de erhältlich.

Lena Schneider

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