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Folkloristisch. Das Trio Mandili im Ovidsaal der Neuen Kammern.

© A. Lütkewitz

Die Sanssouci Jazznacht im Park Sanssouci: In höchsten Tönen

Hinterlassen Musiker einen guten Eindruck, wird das Wort „virtuos“ gern in Konzertkritiken verwendet. Die Gefahr des Überlesens des inflationär verwendeten Begriffs ist zwar groß.

Hinterlassen Musiker einen guten Eindruck, wird das Wort „virtuos“ gern in Konzertkritiken verwendet. Die Gefahr des Überlesens des inflationär verwendeten Begriffs ist zwar groß. Manchmal aber gibt es kein anderes Wort, da ist ein Erlebnis so eindrucksvoll, dass das Naheliegendste das Treffendste ist. So auch an dieser Stelle: Virtuoser hätten Musiker die Sanssouci Jazznacht auf dem Areal am Schloss Sanssouci auf ihren Instrumenten nicht eröffnen können, wie es die polnischen Akkordeonisten des Motion Trio am Samstagabend getan haben. So schnell konnte der Zuschauer gar nicht folgen, wie da die Finger über die Tasten und Knopfgriffe glitten, Lieder spielend, die schon nach den ersten Stücken das Publikum zu frenetischem Applaus und Bravo-Rufen animierten.

Mit sichtlichem Spaß kündigten die Musiker ihre selbstkomponierten Stücke und freien Interpretationen an: „Frederic Chopin funktioniert immer, sogar auf drei Akkordeons“, oder „Jetzt kommt das Space-Karussell“. In Folge wurden die Instrumente und Mikrofone immer wieder zu Rhythmusgebern, zu kleinen Schlagzeugen, die schnelle, elektronische Beats illusionierten. Außerdem gelang es den drei ganz in Schwarz gekleideten, aber gut gelaunten Musikern, den Eindruck von Keyboardklängen zu erzeugen, die sich langsam zu krachigen und fulminanten Finalen aufbauten.

Mit Liedern wie „Game over“, das wie Computermusik klingt, erlangten sie deshalb in der Vergangenheit völlig zu Recht große mediale Aufmerksamkeit. Die Sitze vor der Bühne am Restaurant Mövenpick waren bis auf den letzten Platz belegt, drumherum tanzten und wippten zusätzlich viele Gäste mit ihren Füßen. Obwohl direkt die Jazz-Superstars Fred Wesley and the New JB’s folgten, fiel dem Publikum die Trennung vom Motion Trio sichtlich schwer.

Im Ovidsaal in den Neuen Kammern trauten sich die Zuhörer unter den riesigen Kronleuchtern zwar nicht zu tanzen, aber das machte nichts. Die Georgierinnen des Trio Mandili glichen das wieder aus, indem sie ihren folkloristischen Gesang und die Panduri-, also Lauten-Klänge mit kleinen Tanzeinlagen darboten. Ihre Mehrstimmigkeit gelang so kraftvoll, dass sie ohne Mikrofone auskamen und auch die Größe des Saals nichts davon verschluckte. Der Ort: Passend ausgesucht zur märchenhaften Geschichte des Trios. Dieses landete nämlich unverhofft einen YouTube-Hit mit einem georgischen Liebeslied, gesungen und gefilmt in ihrer heimatlichen Berglandschaft mit dem Handy. Heute singt es auf der ganzen Welt, zum Teil vor Tausenden Zuschauern. Traditionelle Mützen aus Schafsfell, die sie beim Auftritt kurz trugen, gab es dann später auch am Merchandise-Stand zu kaufen.

Gut ausgewählt war auch die Höhe der Historischen Mühle für das deutsche Vokal-Art-Quartett Niniwe, deren reiner, klarer und dann wieder Altstimmen-Gesang mal an den Swing der 1940er Jahre, rauchigen Jazz und dann wieder an sakrale Stimmen erinnerte.

„Luftiger Jazz in historischem Ambiente“ lautete das Motto des Abends, aber die Gäste bekamen viel mehr als das. Der Wettergott war vergnügt, er schickte ein laues und trockenes Lüftchen zu allen zwölf Auftritten. Bei humorvoller Leichtigkeit à la Motion Trio über mondäne Frauenstimmen wie bei Niniwe und funkige, dichte Jazzrhythmen der Weltklasse von Fred Wesley and the New JB’s zum krönenden Abschluss des Abends war es schwer, etwas zu vermissen.

Ganz abgesehen davon, dass ein Bühnenort – Nordischer Garten, Ovidsaal! – schöner war als der andere. Schwer fiel daher das Innehalten an nur einem Ort an diesem Abend. Manchmal lässt es sich nicht anders sagen: das Motto wurde getroffen. Es hat funktioniert, das Spiel mit dem luftigen Element – man verband damit das reinste Vergnügen. Am Ende zählten die Veranstalter 1400 Besucher. Andrea Lütkewitz

Andrea Lütkewitz

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