zum Hauptinhalt
Die Potsdamerin Julia Dufek ist leidenschaftliche Trickfilmerin.

© Ottmar Winter

Die Potsdamer Puppenspielerin: Julia Dufek ist Trickfilmerin

Im Keller der Babelsberger Filmuniversität hat sie ihr Reich und kreiert Animationsfilme mit Stop-Motion-Puppen - analog und am Computer.

Von Sarah Kugler

Potsdam - Sie ist das Blitzlichtgewitter gewohnt. Diese kleine, rundliche Dame, die nach der römischen Baumfruchtgöttin Pomona benannt ist und inmitten von 40 Kameras steht. Eine Stop-Motion-Figur ist sie, also eine Figur, die – ähnlich wie der Sandmann – für Puppentrickfilme genutzt wird. Kreiert hat sie Julia Dufek, Doktorandin der Filmuniversität Potsdam im Studiengang Animation. Im Keller der Uni hat sie ihr eigenes Reich: Ein schwarz getünchtes Labor mit vielen Kameras, LED-Lampen und mehreren Rechnern.

Den Kamerakreis, der um ihre Pomona-Puppe gestellt ist, hat sie selbst aufgebaut. Alle 40 Apparate können per Knopfdruck gleichzeitig ausgelöst werden, um Pomona von allen Seiten abzulichten. Nur so kann Dufek eine digitale 3D-Kopie der Figur erstellen, die sie am Computer dann in ein Setting einfügen kann. Einstellung für Einstellung muss sie dafür aufnehmen, jede minimale Bewegung von Pomona justieren und fotografieren. Um das zu ermöglichen, ist ihre Figur mit Kugelgelenken ausgestattet, mit Draht in den Fingern und mit beweglichen Augen. Dufek könnte zwar auch eine komplett digitale Figur nutzen, die sie direkt am Computer erstellt und bewegt, doch sie mag das Analoge der Stop-Motion-Puppe. „Ich schwanke immer ein bisschen zwischen beidem“, sagt die 44-jährige Potsdamerin. „Beides hat seine Vor- und Nachteile, ein Szenenbild am Computer zu schaffen, ist beispielsweise finanziell nicht so aufwendig.“ Auch müssen die dort kreierten Figuren nicht wie Pomona mit der Schwerkraft kämpfen.

Julia Dufek erklärt in ihrem Labor in der Filmuniversität Babelsberg, warum Stop-Motion-Puppen wie Pomona (Figur rechts) oft nur vier Finger haben.
Julia Dufek erklärt in ihrem Labor in der Filmuniversität Babelsberg, warum Stop-Motion-Puppen wie Pomona (Figur rechts) oft nur vier Finger haben.

© Ottmar Winter

Sie bleibt lieber im Hintergrund

Dufek stammt ursprünglich aus Berlin, ist im Westen der Stadt geboren und war später mit ihren Eltern in den afrikanischen Ländern Botswana sowie Swaziland unterwegs. Ihr Vater war dort Entwicklungshelfer. Erst nach dem Abitur kehrte sie nach Deutschland zurück und entdeckte Potsdam für sich. Ihr damaliger Partner, mit dem sie heute zusammen ist, machte sie darauf aufmerksam, dass es in Babelsberg die Möglichkeit gebe, Animation zu studieren und Dufek bewarb sich. Einer ihrer Mentoren wurde Kurt Weiler, einer der bekanntesten Trickfilmregisseure der DDR, der 2016 verstarb. „Er war ein ganz besonderer Mensch“, wie sie sagt. „Hatte seine eigene, sehr verschmitzte Art und war als Ganzes eine Inspiration.“ Ihre Leidenschaft für den Puppentrick verdankt sie ihm. Während eines Seminars drückte er ihr einfach die Figur eines Kommilitonen in die Hand. Ein Moment, an den sich Dufek heute noch sehr genau erinnert: „Ich war damals sehr schüchtern, aber er hat mir ganz einfach die Berührungsangst genommen.“

Schüchtern ist Dufek heute nicht mehr, im Rampenlicht steht sie aber trotzdem nicht gerne. „So sind wir Animatoren eben, wir bleiben lieber im Hintergrund“, sagt sie und lacht. Stundenlange Arbeit in ihrem Labor ermöglicht ihr einen leichten Rückzug. Die Animatorin erstellt für jeden ihrer Filme sogenannte Storyboards, zeichnet also jede Szene, jeden Schritt auf. Zu Studienzeiten, als sie noch nicht jede Bewegung ihrer Figuren am Computer nachvollziehen konnte, filmte sie sich selbst, um Abläufe ganz genau kreieren zu können. 

Im Keller der Filmuni hat Julia Dufel ihr eigenes Labor, in dem sie Puppenbewegungen analog aufnimmt und digital am Computer bearbeitet. 
Im Keller der Filmuni hat Julia Dufel ihr eigenes Labor, in dem sie Puppenbewegungen analog aufnimmt und digital am Computer bearbeitet. 

© Ottmar Winter

Zurück zum Analogen

Woher sie die Geduld für die ganze Friemelarbeit nimmt? „Das ist wahrscheinlich Veranlagung“, sagt sie und schmunzelt. „Sonst würde ich das ja nicht machen.“ Allein an ihrem Studien-Abschlussfilm – einem sechsminütigen Trickfilm – hat sie fünf Jahre lang gearbeitet. „Man muss allerdings bedenken, dass ich damals Studentin war und nicht meine gesamte Zeit dafür aufbringen konnte“, sagt die Doktorandin, die sich während des Studiums sowohl im Bereich Puppentrick als auch in der 3D-Computeranimation spezialisierte. Mit vollem Fokus auf so einen Film, würde die Fertigstellung etwa ein Jahr dauern. Große Produktionen, beispielsweise von Disney Pixar, brauchen um die fünf Jahre, sagt sie. „Und da sitzen mehrere Teams dran, mehr Geld ist natürlich auch vorhanden.“

Nach dem Studium war Dufek selbst als Animatorin im 3D-Bereich tätig und arbeitete an Computerspielen, Ausstellungen, Kino- sowie Werbefilmen. „Irgendwann hatte ich dann allerdings genug vom Computer“, sagt sie. Im Jahr 2010 ist sie daraufhin nach Florenz gegangen und studierte an der „Florence Academy of Art“ wieder die analogen Körper. Aktzeichnen stand hier auf dem Programm, das Modellieren von Ton, Plastiken und Skulpturen. Eine Rückbesinnung. „Das war alles sehr naturalistisch und unglaublich wichtig für mich“, erzählt Dufek.

Die Stop-Motion-Puppe Pomona.
Die Stop-Motion-Puppe Pomona.

© Ottmar Winter

Zeichenkurse in Potsdam

Wieder zurück in Deutschland, bekam sie die Anfrage der Filmuni, ob sie als Vertretung in der Lehre einspringen könne – sie blieb acht Jahre lang dabei. Seit 2017 ist sie nun wissenschaftlich-künstlerische Doktorandin in Potsdam. Ein Film soll dabei entstehen, und die Weiterentwicklung ihres 3D-Aufnahmesystems mit den vielen Kameras vorangetrieben werden, die sogenannte Photogrammetrie. Dafür eignet sich Dufek derzeit Programmiersprache an, um selbst weiter daran tüfteln zu können. Eine Überlegung ist es, mit dem System den Bestand des Filmmuseums aufzunehmen, um ihn somit digital präsentieren zu können. Auch an einer großen Ausstellung zum 100. Geburtstag von Kurt Weiler in Dresden ist sie beteiligt.

In Potsdam versucht sie sich außerdem ein Standbein mit Zeichen-Anatomieworkshops aufzubauen. Ein erster mit dem Thema „Hand“ findet am 16. Februar im Freiland statt. Apropos Hand: Warum hat die Pomonafigur – wie der Sandmann auch – eigentlich nur vier Finger an jeder Hand? „Aus praktischen Gründen“, sagt Dufek schlicht. Die Hand lasse sich so einfacher formen und die Finger könnten ein bisschen dicker sein, was wiederum ihre Ausrichtung einfacher mache. An der Ausdruckskraft ihrer Gestik ändere sich dadurch allerdings nichts.

>>Workshop am 16. Februar von 13 bis 17 Uhr im Freiland, Friedrich-Engels-Straße 22. www.berlinerbildhauerschule.com

Zur Startseite