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Kultur: Die Macht des Spiels

Der Offene Kunstverein präsentierte die Ergebnisse seines internationalen Jugendkunstprojekts

Das Wetter spielte erst mal nicht mit: Ein heftiger Platzregen kurz vor Beginn der „Spur der Spiele“ hätte den Straßenumzug am Freitagabend beinahe verhindert. Doch die insgesamt 50 Jugendlichen aus Potsdam und vier europäischen Ländern, die sich zu diesem Jugendkunstprojekt des Offenen Kunstvereins zusammengefunden hatten, ließen sich nicht so leicht von ihrem Vorhaben abbringen. Vierzehn Tage lang hatten sie gemeinsam herausgefunden, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede es beim Spielen in Italien, Spanien, Bulgarien, Frankreich und Deutschland gibt. In Theater- und Tanzszenen, in Kurzfilmen, mit Malerei, Musik und Skulpturen wollten sie ihre Spurensuche dokumentieren und der Öffentlichkeit präsentieren.

Doch zuerst einmal tanzten nicht wenige der 17- bis 25-jährigen Kursteilnehmer ausgelassen wie Kinder im erfrischenden Sommergewitter. Kurz darauf formierte sich die vielsprachige Truppe auf der Aktionsfläche auf dem Bassinplatz, um erste Tanz- und Spielszenen zu Saxophon- und Flötenmusik darzubieten. Als sich eine Gruppe Clowns dazugesellte und die etwa drei Dutzend Zuschauer lautstark zum Mitkommen einlud, setzte sich der Zug in Richtung Innenstadt in Bewegung.

Als „Demo nach seinem Geschmack“ bezeichnete einer der Schaulustigen den Aufsehen erregenden Straßenumzug. Denn neben den Clowns, die in Pfützen planschten oder sich auch ganz ungeniert zu den Gästen im Restaurant „Pfeffer und Salz“ an den Tisch setzten, waren riesige farbige Spielkarten, ein großer bunter Würfel und menschliche Spielfiguren mit fantasievollem Kopfschmuck zu bewundern. Der Potsdamer Saxophonist Arne Assmann und mehrere Trommler und Gitarristen steuerten mitreißende Klangimprovisationen bei.

Auf der Höhe der „Grünen Familie“ war ein etwa 30 Quadratmeter großes Spielfeld aus Stoff entrollt worden und die Zuschauer wurden in Englisch und Deutsch mit den Spielregeln für ein märchenhaft-fantastisches „Vier-Land- Game“ vertraut gemacht. Zauberer, Könige, Engel und Rentiere sollten miteinander darum wetteifern, wer zuerst das geheimnisvolle Orakel in der Schatzkiste in der Spielfeldmitte erreicht.

Doch noch ehe man dieses Spiel selbst ausprobieren konnte, wurde der inzwischen ordentlich angewachsene Umzug ins Offene Kunstwerk in der Hermann-Elflein-Straße geleitet. Hier kamen auf der Freilichtbühne die Schauspieler zum Zug und präsentierten in einer halbstündigen witzigen und ebenso geistreichen Performance unter der Regie von Ulrike Schlue ihre Beobachtungen zum Thema Spiel. Schummeln, Streiten und Verlieren, bisweilen mit aufbrausendem südländischen Temperament, gehörten durchaus dazu.

Auch in der sich anschließenden Vorführung mehrerer, unter der Leitung von Nikki Bernstein entstandener Kurzfilme wurden die Lachmuskeln und der Geist der Zuschauer ordentlich strapaziert. Klasse der Eingangsfilm „Monsterdoll“, in dem eine Barbiepuppe ein skurriles Eigenleben entwickelt. Der Streifen über das ironische Spiel um Leben und Tod zweier Schachspieler überzeugte ebenso wie die interessant aufbereitete Projektdokumentation.

Die zeigte nochmals deutlich, mit wie viel Offenheit, Lust und Engagement sich die jungen Europäer in den zwei Projektwochen begegnet waren und wie sehr das gemeinsame Spielen verbinden kann. So sehr, dass man im Offenen Kunstverein schon die Tränen einiger frisch verliebter Pärchen am Abschiedstag fürchtet

Astrid Priebs-Tröger

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