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Bilder aus seiner blauen Phase. Mathias Melchert arbeitet in farblichen Zyklen. Derzeit experimentiert er in Gelb.

© Andreas Klaer

Kultur: Die Leichtigkeit des Scheins

Mathias Melchert ist in der Neumitglieder-Ausstellung des Brandenburgischen Verbandes Bildender Künstler zu sehen

Auf dem mit Folie abgeklebten, bunt besprenkelten Fußboden liegen die Anfänge der gelben Periode. Die blaue aus dem Vorjahr hängt an den Wänden. Helles Tageslicht fällt durch die großen Fabrikfenster auf die entstehenden Bilder von Mathias Melchert, der im Moment zwischen zitronenkühlem und sonnenwarmem Gelb den farbsatten Pinsel kreisen lässt. Gearbeitet wird zumeist bei Dunkelheit. Der Maler liebt die Abend- und Nachtstunden bei künstlichem Licht. Die Kontroll-Instanz des Tages zeigt dann, ob die von ihm beabsichtigte Farbigkeit wirklich stimmt.

So wie bei seinen „Drei Segeln“, die derzeit in der Ausstellung der Neumitglieder des Brandenburgischen Verbandes Bildender Künstler (BVBK) in der Produzentengalerie „M“ im Luisenforum zu sehen sind. Dort ist er wie auch die anderen rund 20 Künstler mit nur einer Arbeit vertreten. Dass er sich für die assoziativen, frei gestalteten „Drei Segel“ entschied, lag nicht daran, dass er sich unbedingt zur heimatlichen Havellandschaft bekennen wollte. Der Grund war ganz pragmatisch. Das zwischen Himmel und Wasser spannungsreich vermittelnde Bild war gerade verfügbar und bereits gerahmt.

Mathias Melchert ist ein umtriebiger Mann, der sich zu organisieren versteht und immer wieder in Ausstellungen präsent ist. Seit zwei Jahren wird er von der Sperl Galerie vertreten. Er zeigte seine Bilder im Bundestag Berlin, im Potsdamer Landtag und bis Mai ist er auch in der Staatskanzlei Potsdam zu sehen. „Man muss schon dranbleiben, um Ausstellungen zu bekommen und verkaufen zu können.“ Durch die Mitgliedschaft im BVBK möchte er sich künftig stärker mit anderen Kollegen vernetzen. Aber auch für ein Stipendium oder für einen Stand auf der ART Brandenburg öffnet der Verband Türen und Kontakte.

Mathias Melcherts Arbeiten sind unterwegs, so wie er selbst gedanklich ständig auf Reisen ist. Seine Vorlieben wechseln, nicht nur in der Farbe. Neuanfänge sind jeder Zeit möglich. Meistens arbeitet der Künstler in Serien, um Motive zu verdichten und mehrere Varianten auszuprobieren.

Zuerst trägt er die Farbe auf, so wie jetzt das Gelb in seinen verschiedenen Nuancen. Im Regal stehen zig Tuben und Töpfe, aus denen er die entsprechende Mixtur in einem großen Bottich anrührt. Oft arbeitet er auf dem Fußboden, so dass die sehr dünnflüssige Acrylfarbe nicht herunterläuft. Während ein Bild trocknet, malt er an einem anderen weiter. Bis er sich herausschält: „Der Vogel nach unten“, dieses kautzige Wesen, oder ein Akt in verschiedenen Blautönen, mit Rosa und Schwarz im Kontrast. Trotz des immer vorhandenen Schwarz atmen die Bilder Leichtigkeit, in flirrend durchlässiges Licht getaucht. Vielleicht sein Mitbringsel aus Südfrankreich.

Noch während des Studiums an der Universität der Künste Berlin bekam Mathias Melchert ein Auslandsstipendium, sah die von ihm verehrten Meister im Original: Picasso, Chagall, Renoir, Matisse. Eine ihn prägende, inspirierende Zeit. Auch sie waren Maler, die sich vernetzten und gegenseitig im Atelier besuchten. Für Mathias Melchert ist der künstlerische Austausch wichtig. Auch mit den Kindern und Jugendliche in seinen Malkursen, die er bei sich im Atelier oder in der Kunstschule Potsdam gibt, dort, wo er selbst als Jugendlicher geprägt wurde. Er möchte, dass sich die Kids in ihrem Ausdruck finden können, freier als in der Schule. „Es ist für mich inspirierend, zu sehen, wie Kinder ans Gestalten gehen.“

Mathias Melchert arbeitet nie nach einer konkreten Vorlage. Die Motive findet er in sich selbst. „Meine Bilder sind seit dem Studium größer geworden, reduzierter. Aber auch differenzierter in Motiv und Gestaltung.“ Anfangs hat er noch sehr figürlich gearbeitet. Tiere, Akte, Porträts, Stillleben, Landschaften waren akademischer verhaftet. Heute sind manche Arbeiten nahezu abstrakt, verleugnen aber nie ihren Bezug zu gegenständlichen Momenten, wie die allegorischen Tiere, mal in misslicher, mal in fröhlicher Laune. Oder wie die „Drei Segel“.

„Ich nehme mir die Natur mit nach Hause. Wenn ich draußen bin und beobachte, fängt die Arbeit in Gedanken an.“ Fast täglich joggt der 35-jährige Künstler durch den Babelsberger Park, schaut, wie sich die Natur in den Jahreszeiten verändert. Auch als Schlossführer in Sanssouci ist er mit Natur und Kunstgeschichte aufs Engste verbandelt. Inspiriert ihn das Preußisch-Blau, das lichte Gelb des Rokoko? „Ich habe noch keinen Niederschlag bewusst bemerkt“, sagt Mathias Melchert. Aber vielleicht nehme er instinktiv eine bestimmte Farbigkeit aus den Räumen und dem Park mit auf. Auch in seinem Bild von Daphne, die sich in einem Lorbeerstrauch verwandelt, scheint die Ovidsche Erzählkunst, die im königlichen Reich Friedrichs bildkräftig verortet ist, weitergetragen zu werden.

Es ist ein collageartiges Vorgehen, mit dem Mathias Melchert in seine Bildwelt eindringt. Selbst ein fast fertiges Werk wird schnell mal wieder übermalt, wenn Farbe und grafische Gestaltung nicht zueinander finden. Die Untergründe schimmern wie eine geheime Botschaft matt durch. So wie jetzt auf seinem gesprenkelten Folienteppich, auf dem amöbenhafte Wesen in einem gelben Meer fröhlich schwimmen.

Die Ausstellung Neumitglieder 2011 ist bis kommenden Sonntag, 29. April, Fr von 11 bis 17, Sa und So von 11 bis 18 Uhr, Hermann-Elflein-Straße 18, zu sehen

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