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Die Lebensader: Fotografische Begegnung mit dem Dschungel in Kongo

Auf der Spuren des Schriftstellers Joseph Conrad: Der Fotograf André Lützen bereiste den Fluss Kongo und zeigt in der Galerie Blumberg seine Aufnahmen.

Von Birte Förster

Potsdam - Undurchdringlich, wie eine endlose Wand, bedrohlich und faszinierend zugleich. So beschreibt der Hamburger Fotograf André Lützen seine Begegnung mit dem Dschungel in der zentralafrikanischen Republik Kongo. „Eine ablehnende Natur, die einem nicht wirklich Zutritt lässt“, sagt er. Seinen Blick richtete Lützen von dem Fluss Kongo aus auf das dichte Grün des Regenwalds. Sechs Wochen lang begleitete er 2006 eine UN-Patrouille in einem Boot auf dem wichtigsten Strom des Landes und fing die Atmosphäre mit der Kamera ein.

28 seiner Aufnahmen sind bis zum 13. April unter dem Titel „Up-River Kongo“ in der Galerie Blumberg-Fotokunst zu sehen. Seine Aufnahmen hat er auch in einem Buch, dem „Up-River-Book“, veröffentlicht. Auf einem der Bilder sind die dunklen Schatten der Ankömmlinge auf einem provisorisch aufgebauten Zelt zu sehen. Ein Moment, wie aus der Zeit gerissen. Nichts verrät über den Ort des Geschehens. Nur wer die Hintergründe kennt, ahnt hinter der schwarzen Mauer aus Dunkelheit die Tiefen des Dschungels. Zahlreiche Nachtaufnahmen sind während der Fahrt entstanden. Mit Suchscheinwerfern hätten sie zum Teil versucht, einen Platz zu finden, um an Land ihre Zelte aufzuschlagen, erzählt Lützen. „Mal im nächsten Ort, mal ist es einfach irgendwo“, sagt er. In der Dunkelheit habe er „viele ungewohnte Geräusche“, wie das Schreien der Vögel, wahrgenommen.

Mit seiner Fahrt über den Kongo River begab sich Lützen auf die Spuren des Schriftstellers Joseph Conrad, der 1890 selbst den Kongo-River bereiste und seine Erlebnisse in seiner Erzählung „Herz der Finsternis“ festgehalten hat. Lützen faszinierte die Lektüre des Buches. Der Wunsch sei entstanden, Bilder von heute zu finden. „Dieses Buch in die Jetztzeit zu übertragen“, beschreibt es der 56-Jährige. Mit seiner Erzählung beleuchtet Conrad die Schattenseiten des Kolonialismus, berichtet von grauenhaften Taten und den Abgründen der menschlichen Natur. Conrads Schilderungen seien auch „eine Reise in das Selbst“, sagt Lützen. Nicht dokumentarisch, sondern vor allem über einen subjektiven Blickwinkel wollte sich der Fotograf der besonderen Stimmung annähern.

Seine Bilder muten teils surreal an, wie eine Aufnahme, die in der Dunkelheit den Schatten eines Kopfes sowie einer Palme zeigt. Beide tauchen aus einer Schräge auf. Dazwischen grelles, weißes Licht und ein gelblicher Farbfleck. Kein erkennbarer Bezug zu den realen Begebenheiten. Er habe bewusst mit Leerstellen gearbeitet, sagt Lützen. Aber auch bei Tageslicht fotografierte er den Dschungel sowie die Menschen, die auf dem Fluss unterwegs sind oder am Ufer leben.

Insgesamt 800 Kilometer des insgesamt 4700 Kilometer langen Flusses befuhr Lützen zusammen mit acht Mitfahrern. Die UN hätten dort „eine Ordnungsfunktion“, würden Menschen von gekenterten Booten retten oder bei Unfällen helfen, sagt er. Sie hielten den Fluss frei, um in dem politisch instabilen Land „eine Alltäglichkeit zu ermöglichen“. Schließlich sei der Kongo River „der einzig richtige Transportweg“. Für die Bedeutung des Flusses hat Lützen eine ganz persönliche Metapher gefunden. Auf einem Bild mit kräftigem Rot sind zarte Verästelungen wie die eines Flusses zu sehen, in der Mitte eine gelbe Kugel. Es sei ein Foto von seiner Netzhaut, klärt Lützen auf. „Wie die Lebensader“.

Im Rahmen der Ausstellung liest Michael Gerlinger am Freitag um 19 Uhr in der Galerie Blumberg-Fotokunst, Jägerstraße 20, aus „Herz der Finsternis" von Joseph Conrad. Der Fotograf berichtet über sein Projekt.

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