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Kultur: Die hohe Kunst des Webens Die Meisterschaft

der Roswitha Moxter

der Roswitha Moxter Im Emmaushaus ist vor kurzem Roswitha Moxter gestorben. Die Textilkünstlerin wurde 78 Jahre alt. Von ihrem Können zeugen in Potsdam unter anderem im Zeltzimmer des Schlosses Charlottenhof die blau-weiße Leinenbespannung und im Wohnraum des Kronprinzenpaares der Stickgrund für die Möbelbezüge, ebenso die leinenen Wandtapeten in der so genannten Schiffskajüte von Cecilienhof. Die Ausstattung mit den in den 70er bis 90er Jahren nachgewebten Stoffen ist heute noch vorhanden. Die leitende Textilrestauratorin der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Christa Zitzmann, weist darauf hin, dass „Fadenmaterial, Fadendichte und Webtechnik ganz genau dem Original entsprechen“. Dies sei eine komplizierte Aufgabe, da „das Einlaufen des Materials, das Anschlagen des Schusses während des Webens, die Spannung im Webstuhl und vieles andere im voraus berechnet“ werden müssen. Bei Roswitha Moxter, 1926 in Bad Nauheim geboren und in Zweibrücken aufgewachsen, waren diese schwierigen Arbeiten in guten Händen. Nach einer 10-jährigen Ausbildung, die 1944 auf der Handwerker- und späteren Kunsthochschule der Burg Giebichenstein in Halle (Saale) begann und mit einem 1954 abgeschlossenen Studium der Bildweberei endete, beherrschte sie wie keine zweite moderne und historische Webtechniken, unter anderem die Jacquard-Weberei aus dem 18. Jahrhundert auf raumhohen Webstühlen mit Lochkarten. Nach dem Studium eröffnete Roswitha Moxter, die zeitlebens unverheiratet blieb, in Bitterfeld ihre Werkstatt, in der die ganze Familie beschäftigt war. Auch zahlreichen Flüchtlingen aus dem Osten gab sie Arbeit, vornehmlich älteren Frauen, die noch traditionelle Techniken des Spinnens und Webens beherrschten. Mit ihren gefragten Erzeugnissen, darunter Vorhangstoffe, Decken und Kissenplatten war Roswitha Moxter auf Messen und Ausstellungen vertreten.1958 verlegte sie ihre Werkstatt aus der Bitterfelder Industriegegend nach Thyrow bei Jüterbog. In dem idyllisch gelegenen märkischen Ort mietete sie die von der Gemeinde verwaltete Villa des UFA-Regisseurs Richard Eichberg, der als Jude in der NS-Zeit in die USA geflohen war. Als die SED-Führung in den 70er Jahren die Steuern für größere Handwerksbetriebe erhöhte, beugte sich Roswitha Moxter diesem Druck nicht. Sie gab die industrielle Fertigung auf und verkleinerte ihre Werkstatt zu einem Textilatelier. Fortan war sie ausschließlich in der künstlerischen Weberei und der Restaurierung tätig. Sie stattete märkische Kirchen mit Altardecken aus und war auch an Kostümen und Bühnenbildern Berliner Theater beteiligt, so für Ostrowskis „Wald“ und den „Drachen“ von Schwarz. Nach der politischen Wende gewährten ihr die Eichberg-Erben zwar Wohn- und Arbeitsrecht auf dem ihnen rückübertragenen Grundstück, die Weberin konnte jedoch bald die Unterhaltung des Hauses nicht mehr finanzieren. Nach dem Aufbau eines Webereimuseums in Kloster Zinna zog sie altersbedingt vor zwei Jahren ins Potsdamer Emmaushaus. Dort wird vorläufig ihr Nachlass verwahrt. Das Deutsche Historische Museum hat Interesse angemeldet, Arbeiten und vor allem die Mustersammlung der Künstlerin in seine Textilsammlung zu übernehmen. Schwester und Schwager der Verstorbenen, die Potsdamer Filmhistorikerin Heide Schönemann und der Kunsthistoriker Heinz Schönemann, möchten Leben und Werk ihrer Verwandten durch eine Ausstellung würdigen. Stadtkonservator Andreas Kalesse hat als Ort das Museumshaus „Im Güldenen Arm“ empfohlen. Voraussetzung für die Verwirklichung all dieser Überlegungen ist jedoch die Testamentseröffnung, deren Termin noch aussteht. Erhart Hohenstein

Erhart Hohenstein

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