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Kultur: Die Entdeckung der expliziten Langeweile

Bohren und der Club of Gore am Sonntag im Waschhaus

Wie viele andere erfolgreiche Projekte der Musikgeschichte beginnt auch diese mit einer Heavy-Metal-Band. Vor fast 30 Jahren, im Jahr 1988, gründete sich die Band Bohren und der Club of Gore um Pianist Morten Gass im westdeutschen Mülheim an der Ruhr. Krach sollte das werden, was die Band da vorhatte, und Krach war Ende der 80er-Jahre geradezu en vogue, besonders der Hardcore-Sound, den auch Bohren und der Club of Gore fabrizierten. So richtig Erfolg wollte sich jedoch nicht einstellen, eher wurde den Idolen nachgeeifert. Der Markt war einfach zu gesättigt.

Dann kann man entweder aufgeben – oder sein Konzept ändern. Glücklicherweise entschieden sich die Mülheimer Musiker für Letzteres. Und verpassten ihrem Sound abermals eine Radikalität, die jedoch in die andere Richtung zielte: Der Lärm wurde durch Ruhe ersetzt, Entschleunigung heißt das Rezept – Zeitlupen-Hardcore, wenn man so will. Das mag man seltsam finden. Oder einfach nur konsequent.

Und der Erfolg gibt den nunmehr zum Quartett angewachsenen Musikern recht: Das Ambient-lastige Klanggebilde wird von nun an munter mit Definitionen bombardiert, in eine richtige Schublade will die Musik jedoch nicht passen: „Horror-Jazz“, sagen die einen, die anderen „Musik an der Grenze zum Stillstand“. Wenn man den Versuch einer ökologischen Einnischung wagen will, dann passt eher das Label „Doom-Ambient“. Der Fantasie sind ja bekanntlich keine Grenzen gesetzt, was das Erfinden der Schubladen betrifft.

Beeindruckend bleibt es immerhin, wie diese trostlose Musik, in deren Zentrum das Saxofon steht, zur Assoziation aufruft – und einen gewissen Gruselfaktor kann man der Musik einfach nicht absprechen. Ein Soundtrack zu David-Lynch-Filmen, hieß es einmal, und mit dieser inszenierten Langweiligkeit, die eben letztlich genau nicht langweilig ist, kokettiert die Band nur zu gern: Ereignislosigkeit als lohnenswertes Attribut, oder einfach in Anlehnung an den Ausspruch der fast peinlichen Metal-Helden Manowar –„Other bands play, Manowar kill“ – die leicht abgewandelte Variante: „Other bands play, Bohren bore“. Viel zu selten diese Abende, an denen man sich explizit langweilen möchte. Am Sonntag wäre es wieder soweit: Wer sich den Tatort sparen will, findet vielleicht im Waschhaus Abwechslung – oder eben gerade nicht. Oliver Dietrich

Bohren und der Club of Gore am Sonntag, 5. März, ab 20 Uhr im Waschhaus, Schiffbauergasse. Der Eintritt kostet 18 Euro im Vorverkauf

Oliver Dietrich

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