zum Hauptinhalt
Weihnachtsoratorium. Kinder konnten mit ihren Eltern oder Großeltern im Nikolaisaal die schönsten Partien des Bach’schen Kantatenzyklus in rund 60 Minuten erleben.

©  Andreas Klaer

Kultur: Die Botschaft mit Frohlocken und Jauchzen erzählt

Bachs Weihnachtsoratorium wurde im Nikolaisaal für Kinder halbszenisch zur Aufführung gebracht. Das kam gut an: Für die jungen Zuhörer schien das Verhältnis Musik und Wort richtig gewesen zu sein.

„Es begab sich aber zu der Zeit ...“ So beginnt die uralte Geschichte, die nach wie vor ihre Leser und Hörer erreichen will, mindestens einmal im Jahr zum Weihnachtsfest. Bekanntlich kann man sie auch musikalisch erleben. Die bekannteste Vertonung aus dem Lukas- und dem Matthäus-Evangelium samt der Interpretation des Textes mit Arien, Chorälen und großen Chorsätzen hat Johann Sebastian Bach geschrieben. Für die meisten Erwachsenen ist das Weihnachtsoratorium des Barockkomponisten unverzichtbarer Bestandteil des Christfestes. Nun wird das Oratorium an manchen Orten kindgerecht bearbeitet und aufgeführt, auch szenisch. Am gestrigen Spätnachmittag konnten Kinder mit ihren Eltern oder Großeltern im Nikolaisaal die schönsten Partien des Bach’schen Kantatenzyklus in rund 60 Minuten erleben.

Das Werk wurde natürlich auch deswegen gekürzt, damit die jungen Zuhörer gut an der Geschichte und der Musik dranbleiben können. Sascha von Donat, der das Werk für Kinder einrichtete, erinnerte sich an frühere Aufführungen: „Ich fand es ganz befremdlich, dass da viele Kinder im Zuschauerraum saßen, die das Original, also die biblische Geschichte, gar nicht kennen und hoffe, dass sie – unabhängig von ihrer Religion – dennoch mal die Weihnachtsgeschichte lesen werden.“ Sascha von Donat hat es angepackt. Gemeinsam mit dem Dirigenten Frank Markowitsch, den Solisten Susanne Ellen Kirschech, Sopran, Franziska Markowitsch, Alt, Matthias Jahrmärker,Bass und Erzähler, der Vokalakademie Berlin und dem Prometheus Ensemble Berlin brachte er das Weihnachtsoratorium halbszenisch zur Aufführung.

Menschen ab fünf Jahren fanden sich im Nikolaisaal ein. Den Kindern war eine gewisse neugierige Gespanntheit anzumerken, den Erwachsenen fiel sichtbar bei den ersten Tönen von „Jauchzet, frohlocket, auf preiset die Tage“ der Adventsstress ab. Vielleicht hätte sogar mancher bei den ersten Tönen gern mitgesungen oder sogar getanzt, denn der bekannteste Chor des Oratoriums wurde voller Drive und Fröhlichkeit gesungen wie selten. Es wurde schnell klar: Heute wird die Weihnachtsgeschichte als wirklich frohe Botschaft verkündet. Die 20 Sängerinnen und Sänger gaben sie untereinander kund. Doch sie erzählten die große Freude, die die Geburt des Gottessohnes auslösen kann, mit Herzenswärme und Jubel weiter.

Sascha von Donat hat nicht nur die schönste Musik ausgewählt, sondern auch die Schlüsselszenen der Geschichte. Die Eltern des Jesuskindes, Maria und Joseph, kamen höchstpersönlich zu Wort, denn sie wissen schließlich vom Geschehen am besten Bescheid.Joseph (Matthias Jahrmärker) führte das Wort, die stille Maria (Susanne Ellen Kirschech) musste ihn bei seinem unermüdlichen Redefluss manchmal bremsen.Josephs Freude über das Kind war aber so überwältigend, dass er die Hirten, die vom Engel Gottes von der Geburt des Jesuskindes erfuhren, zum Jauchzen und Frohlocken animierte. Auch die Kinder und Erwachsenen im Nikolaisaal.

Die Weihnachtsgeschichte ist mehr als eine bejubelte Bibelgeschichte. Sie erzählt auch von Neid, Hass und Verfolgung des König Herodes, der das Jesuskind töten möchte, weil er glaubte, dass er Konkurrenz erhält. Aber es geht zunächst für das Kind und die Eltern gut aus. Der Engel Gottes warnt sie. Sie können sich retten. Sie machen als Flüchtlinge auf den Weg in ein anderes Land.

Spannend und einfühlsam wird das Ganze erzählt. Matthias Jahrmärker als Erzähler findet den richtigen heiter-ernsten Ton, der von allen Besuchern angenommen werden konnte. Dirigent Frank Markowitsch hat mit der Vokalakademie und dem Prometheus Ensemble hervorragend gearbeitet, sodass man einen rhythmisch durchpulsten und transparent singenden Chor, ein rhetorisch eindringlich und tänzerisch federndes Orchester vernahm, das hin und wieder mit weniger Lautstärke aufwarten könnte. Den eindringlich singenden Solisten hätte man ein paar mehr Aufgaben gewünscht, doch für die jungen Zuhörer schien das Verhältnis Musik und Wort richtig gewesen zu sein. Beim Finale war das Mitsingen ausdrücklich erwünscht. Man stimmte nochmals in das Jauchzen und Frohlocken ein, in „O du fröhliche, o du selige“. Zwar ist das Lied nicht von Bach, aber eines, das wohl fast jeder der Zuhörer kannte. Klaus Büstrin

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false