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Kultur: Dezent, filigran, sensibel

Die Potsdamer Gambistin Juliane Laake und das Ensemble Art d’Echo entführen in das 17. Jahrhundert

Macht und Pracht sind vergänglich. Diese Binsenweisheit scheint zunächst weder aufregend noch neu zu sein. Doch wenn man sich mit Geschichte beschäftigt, wird sie uns stets aufs Neue vor Augen geführt. Den Anlass für diesen kleinen gedanklichen Ausflug bildet eine im Herbst 2016 erschienene CD mit dem Titel „Golden Age in Brandenburg“ (Deutschlandradio Kultur/Crystal Classics, 19,99 Euro). Von der ehemaligen Pracht, die brandenburgische Kurfürsten im 17. Jahrhundert an ihren Höfen teilweise entwickelten, kündet in unserer Zeit nur noch wenig. Der Dreißigjährige Krieg hat auch im Brandenburgischen den Musen ihr blühendes Dasein zunichte gemacht. Doch vor 1618 sowie nach den drei Jahrzehnten des blutigen Konfessionskrieges pflegten Kurfürst Johann Sigismund beziehungsweise der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm, die in Berlin residierten, eine musikalische Kultur, die sich hören lassen konnte.

Glücklicherweise gibt es Spezialensembles, die überlieferte Kompositionen jener Zeit wieder lebendig machen. Das Ensemble Art d’Echo gehört dazu. Es beschäftigt sich unter der Leitung der Potsdamer Musikerin Juliane Laake intensiv mit der Musik des 17. Jahrhunderts in Brandenburg. Juliane Laakes Instrument ist die Viola da gamba. Die international renommierten Gambisten Hille Perl und Philippe Pierlot gaben ihr in Sachen Technik und Interpretation wichtige Impulse. Immer auf der Suche nach unbekanntem Repertoire begab sich die Potsdamerin in Archive und Bibliotheken. Dort entdeckte sie Notenmaterial, von dem sie überzeugt war, dass es gehoben werden muss. Seine Wiederbelebung durch Juliane Laake und ihrem Ensemble beweist eindrucksvoll, dass es sich um musikalische Schätze handelt.

Kurfürst Johann Sigismund engagierte wie später sein Enkel Friedrich Wilhelm Musiker von Rang. In der Hofkapelle sah man unter anderen Künstler aus England sowie den Niederlanden: Nicolaus Zangius, William Brade, Walter Rowe, Bartholomäus Praetorius, Adam Jarzebsky oder Dietrich Stoeffken. Der Große Kurfürst selbst spielte die Viola da gamba. Damit reihte er sich nahtlos in die mit musischen Ambitionen versehenen Mitglieder der späteren Hohenzollern-Familie wie Friedrich II. oder Friedrich Wilhelm II. ein. Die Gambe, die im 17. Jahrhundert als englisches Instrument galt, lernte er während seines mehrjährigen Aufenthalts in den Niederlanden kennen. Das gängige Gamben-Repertoire blieb ihm nicht verborgen. Es wurde natürlich auch von seiner Hofkapelle in Berlin gepflegt.

Die CD-Aufnahme vereint vor allem frühbarocke Suiten, die man sicherlich gern als Tafelmusik hören wollte oder zu privaten Anlässen spielte. In keinem Augenblick kommen sie martialisch, sondern äußerst dezent, filigran und sensibel daher. Es sind vor allem Tanzsätze, die gerade in Mode waren. Entsprechend federnd und leicht spielen Juliane Laake und ihre Mitstreiter Maximilian Ehrhardt, Frauke Hess, Irene Klein, Hans-Martin Meckel und Júlia Veto die Suiten. Sie heben sie affektmäßig von einander ab und verpassen ihnen schöne Farbklänge, wobei natürlich die teilweise Besetzung mit Blockflöten und Barockharfe von besonderem Reiz ist. Natürlich verzichten sie in ihren Interpretationen nicht auf Virtuosität, die jedoch nicht vordergründig erklingt. Neben den fröhlichen Tanzsätzen wählte Juliane Laake auch Nachdenkliches wie die Bearbeitung des Luther-Chorals „Vater unser im Himmelreich“ von Nicolaus Zangius, der als Kapellmeister an Johann Sigismunds Hof wirkte. Wer wissen will, was die Gambe alles kann, sollte die CD mit der Musik aus Brandenburgs „goldener Epoche“ hören. Musikalischer Genuss paart sich hier mit einem inspirierenden Ausflug in die Geschichte. Klaus Büstrin

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