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Schloss Neuhardenberg aus der Luft.

© Fotokraftwerk

Der Sommer in Neuhardenberg: Mit dem Gras wächst die Hoffnung

Konzerte, Lesungen, Kino: Im August lockt Schloss Neuhardenberg wieder Kulturinteressierte an. Der Neubeginn nach dem Lockdown ist vielfältig und ambitioniert.

Aufatmen bei der Stiftung Schloss Neuhardenberg. Nach dem Schock des coronabedingten Lockdowns gibt es nun frohe Nachrichten: „Ins Freie!“ heißt das Sommerprogramm der Stiftung, die vom 1. bis zum 23. August an vier langen Wochenenden zu Konzerten, Lesungen, Filmen und Gesprächen in den Schlosspark einlädt. Selbstverständlich war das nicht.

Eigentlich hätte das ursprünglich geplante Programm bereits am 3. April starten sollen, doch Mitte März kam dann die Zäsur – nach zwei Wochen erfolgreichem Kartenvorverkauf. „Wir sind nach der Vollbremsung zunächst einmal auf Sicht gefahren. Wir glaubten erst nicht, dass da überhaupt noch etwas geht“, erzählt Heike Kramer, Generalbevollmächtigte der Stiftung Schloss Neuhardenberg. Man hat mit allen beteiligten Künstlern gesprochen, ein Mitarbeiter hielt den Kontakt zu den Behörden.

Bis Ende August waren in Brandenburg zunächst Veranstaltungen mit mehr als 1000 Besuchern verboten worden, diese Frist wurde gerade bis Oktober verlängert. Allein die Neuhardenberg-Nacht, der Höhepunkt des Programms, hat vergangenes Jahr rund 13 000 Besucher angelockt. „Es war sehr bitter, dass nun bestimmte Formate wie das Sängerfest mit Klaus Hoffmann und eben die Neuhardenberg-Nacht nicht mehr möglich waren“, sagt Kramer.

Das nächtliche Event wird nun ins kommende Jahr verschoben. Auch das Konzert mit Element of Crime findet jetzt im Herbst statt. „Ich stand in engem Kontakt mit Jan Vogler in New York, der seine Dresdner Musikfestspiele auch absagen musste, aber das Festival Moritzburg finde im Freien statt, erzählte er mir. Das war ermutigend.“

In diesem Jahr ist alles anders

Üblicherweise gab es in Neuhardenberg ein Kulturprogramm, dem eine Sommerpause während der Schulferien folgte, die man für Tagungen und Hochzeiten nutzte. Doch in diesem Jahr ist alles anders. Tagungen und Hochzeiten brachen weg. „Viele können ja jetzt gar nicht verreisen“, sagt Kramer. „Wir haben aber mit unserem Park einen der schönsten Landschaftsparks Deutschlands. Da kam mir Ende April die Idee: Lasst uns doch den Park für Open Air nutzen. Wir müssen jetzt mit der Situation kreativ umgehen und dem Digitalen etwas Analoges entgegensetzen.“

Jede Krise bietet auch eine Chance. Nachdem sich abzeichnete, dass doch noch etwas geht, wurde innerhalb kürzester Zeit ein Sommerprogramm mit rund 20 Veranstaltungen auf die Beine gestellt. Natürlich mussten die Veranstalter warten, bis die Verordnungen geschrieben waren. „Wir sind kreativ mit der Situation umgegangen, um Kunst und Natur trotz Krise miteinander in Einklang zu bringen, wie es auch dem Selbstverständnis unserer Stiftung entspricht“, sagt Kramer.

Sie haben ausgelotet, was möglich ist

Corona ist das eine, das Wetter das andere. Heike Kramer wollte auf Nummer sicher gehen und ließ eine seitlich offene Zeltkonstruktion prüfen. 200 Plätze bieten genügend Sicherheitsabstand. Man könne nicht alles machen, was möglich wäre, sagt sie. „Wir hätten auch 500 Plätze schaffen können, aber das Publikum soll sich sicher fühlen.“ Besucher aus einem Haushalt können direkt über die Stiftung eine Zweierbestuhlung buchen, ansonsten sitzt jeder einzeln auf Abstand.

Gemeinsam mit den Künstlerinnen und Künstlern wurde ausgelotet, was möglich sein könnte. Sie waren froh, dass sich nach der langen Zwangspause wieder Möglichkeiten zum Auftritt ergeben. Jetzt werden Jan Vogler, Martin Stadtfeld und ihre Schüler nach Abschluss des Workshops mit zwei Konzerten das Sommerprogramm „Ins Freie!“ eröffnen. Das Konzert findet im Schlosspark statt. „Der Auftritt ist für die jungen Musiker sehr wichtig für ihre Biografie. Geplant war ein anschließender Auftritt beim Rheingau-Festival – der ist nun auf nächstes Jahr verschoben“, sagt Kramer. Gerade junge Musiker seien auf solche Auftrittschancen zu Beginn ihrer Karriere angewiesen.

Hier kommen Städter zur Ruhe und genießen die Natur.
Hier kommen Städter zur Ruhe und genießen die Natur.

© Kitty Kleist-Heinrich

Lesungen und Konzerte unter diesen Bedingungen ins Freie zu verlegen, ist für Veranstalter eine Herausforderung. Aber die Aussicht auf ein Programm beflügelt auch die Kreativität des Teams. Manches liebgewordene Format musste abgesagt werden wie etwa „Kino trifft Kulinarik“, denn opulente Menüs im Park mit vielen anderen Anwesenden funktionieren nicht. Immerhin gibt es zwei Kinoabende. Christoph Stölzl spricht mit seinem Sohn Philipp am 21. August über „Familienbande in Leben und Film“, anschließend wird dessen Filmkomödie „Ich war noch niemals in New York“ im Park gezeigt. Und aus „Kino trifft Kulinarik“ wurde eine Lesung mit Martina Gedeck aus Tania Blixens „Babettes Fest“ über eine außergewöhnliche Köchin, gefolgt von der Vorführung des gleichnamigen, oscarprämierten Films von Gabriel Axel am 22. August.

Ganz auf Kulinarik muss man in diesem Zusammenhang nicht verzichten, denn an insgesamt drei mobilen Stationen im Park sind Kreationen des Neuhardenberger Küchenchefs zu probieren. Überhaupt das kulinarische Angebot: Natürlich war die Zwangsschließung von Hotel und dem Landgasthaus Brennerei ein schwerer Schlag für die Stiftung, da damit auch wichtige Einnahmen wegfielen. Mitarbeiter mussten in Kurzarbeit, jetzt läuft der Betrieb wieder an. Im Hotel wird das Frühstück nun auf einer Etagere am Tisch serviert – das Buffet entfällt.

In der Brennerei wird vor allem die Sonnenterrasse genutzt, denn wie überall sitzen Gäste derzeit am liebsten draußen. In einem Kiosk nahe dem Schloss werden Getränke und Snacks angeboten. Hier wird auch gegrillt. Ein Angebot, das auch Tagesbesucher im Park sowie Fahrradtouristen gern nutzen. Zwei weitere „Versorgungsstationen“ sind zudem während der Veranstaltungen im Park geöffnet.

Zur Standardausrüstung gehören die Picknickkörbe

Auch das Projekt „Spritzenhaus“ nimmt an Fahrt auf. Im ehemaligen Feuerwehrhaus gegenüber der Schinkelkirche wird noch gewerkelt, um ein „Takeaway“ einzurichten, wo Getränke und kleine Gerichte über die Theke gereicht werden. Das wäre auch für Tagestouristen oder Dorfbewohner interessant. Heike Kramer ist zuversichtlich, dass der Umbau bis Anfang August fertig ist.

Und dann gehören zur Standardausrüstung auf Schloss Neuhardenberg die Picknickkörbe, die man zum Preis von 24 Euro bestellen kann. Es gibt auch eine vegetarische und vegane Variante. Wer mag, kann allerdings auch seine eigenen Speisen mitbringen.

Trotz Coronakrise wird der Brandenburgische Kunstpreis auch in diesem Jahr verliehen – nur in anderer Form. Die Ausstellung wurde bereits am 4. Juli eröffnet, aber die Preisverleihung findet in diesem Jahr mit dem Ministerpräsidenten Brandenburgs nur im Kreis der Künstler und Künstlerinnen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Das sonst übliche rauschende Fest muss ausfallen. Die Dauerausstellung zur Geschichte des Schlosses ist ebenfalls unter Wahrung der üblichen Abstandsregelungen geöffnet.

Anfang August werde man die Planungen für den Herbst konkretisieren, sagt Heike Kramer. Oberstes Gebot: kein Risiko, aber den Kulturauftrag der Stiftung erfüllen. Jetzt freuen sich alle Mitarbeiter erst einmal auf einen guten Start in das Sommerprogramm, das durchaus als Zeichen der Hoffnung für die Kultur und die Region verstanden werden kann.

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