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Olaf Schmidt, Autor von "Der Oboist des Königs".

© Galiani Verlag

"Der Oboist des Königs" von Olaf Schmidt: Ein Schelmenroman über Bach

Olaf Schmidt widmet sich in seinem Roman „Der Oboist des Königs“ dem Leben von Johann Jacob Bach, dem älteren Bruder des berühmten Johann Sebastian Bach. 

Von Sarah Kugler

Potsdam - Ein gezielter Peitschenhieb und die quälende Tyrannenherrschaft des Kantors ist beendet – zutiefst schmerzhaft noch dazu. Denn die Peitsche, die von ihm selbst mit fiesen Knoten und Metallsplittern versetzt wurde, hat sein Genital verstümmelt. Viel Blut fließt, der Mann verschwindet, ein Kapitel im Leben von Johann Sebastian Bach und seinem älteren Bruder Johann Jacob Bach ist beendet.

Vor allem um letzteren dreht sich der Roman „Der Oboist des Königs“ von Olaf Schmidt, den er am Freitag auf dem Pfingstberg vorstellt. Ob sich die Episode mit dem Kantor in Ohrdruf wirklich so abgespielt hat, ist nicht bekannt. Überhaupt existieren nicht viele Informationen über den großen Bruder des berühmten Johann Sebastian Bach.

Viel ist nicht über Jacob Bach bekannt

Geboren ist er wohl 1682, die Eltern starben früh, beide Brüder kamen in die Obhut ihres ältesten Bruders Johann Christoph Bach in Ohrdruf. Jacob brach jedoch mit 14 Jahren – wahrscheinlich um die Familie finanziell zu entlasten – die Schule ab und begann eine Musikerlehre bei Johann Heinrich Halle, dem Nachfolger seines Vaters in Eisenach. Im Jahr 1704 wurde er schließlich Feldoboist des schwedischen Königs Karl XII. und nahm an dessen verschiedenen Kriegen in Polen und im Baltikum teil. Als die Schweden in der Schlacht bei Poltawa 1709 in der Ukraine eine vernichtende Niederlage erlitten, floh Johann Jacob ebenso wie der schwedische König nach Konstantinopel an den Osmanischen Hof. Dort kam er wiederum mit dem französischen Musiker Pierre-Gabriel Buffardin in Kontakt. Es folgten Reisen quer durch Europa bis nach Stockholm. Dort heiratete er 1715 Susanna Maria Gaast, die aber schon wenige Jahre später verstarb. Im Jahr 1721 heiratete er erneut, verstarb allerdings schon ein Jahr später mit gerade mal 40 Jahren.

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Olaf Schmidt hat diese Fakten nun in einen opulenten, fast 600 Seiten langen Roman umgewandelt. Beginnend beim Tod der Eltern, endend 1715, als Jacob seinen Bruder Sebastian nach langer Zeit in Weimar besuchen möchte. Dazwischen mischen sich Fakten mit fiktionalen Anekdoten und Begegnungen mit bekannten Persönlichkeiten der Zeit.

Ein durch und durch barocker Roman

Überhaupt hat Olaf Schmidt sich offensichtlich viel mit der Epoche des Barock beschäftigt. Das ist dem Roman nicht nur inhaltlich, sondern vor allem auch sprachlich anzumerken. Schmidt orientiert sich deutlich am damaligen Sprachduktus. Besonders die erste Hälfte des Romans erinnert an die Gattung des Schelmenromans. Immer wieder entkommt Jacob haarscharf brenzligen Situationen – etwa dem pädophilen Kantor zu Beginn der Geschichte, den sein Bruder Sebastian mit den eigenen Waffen schlägt. Ein Widerling ist der Kantor, augenscheinlich von Selbsthass über seine Neigung zerfressen.

Solche, durch und durch satanistischen Figuren kommen häufiger vor in historischen Romanen über die Frühe Neuzeit, Olaf Schmidt vernichtet sie zum Glück recht schnell und vermeidet somit ein Klischee. Trotzdem muss man seinen barocken Sprachduktus mögen. Zahlreiche Redewendungen, wie „Zeter und Mordio schreien“ oder „Es geht zu wie in einem Taubenschlag“ häufen sich etwas zu stark, die altmodische Sprache verleiht dem Roman eine gewisse Behäbigkeit. Zu schön hat Daniel Kehlmann erst vor zwei Jahren mit seinem „Tyll“ gezeigt, wie wunderbar leicht ein historischer Roman in moderner Sprache daherkommen kann.

Wer allerdings gerne in barocker Erzählkunst schwelgt, wird in „Der Oboist des Königs“ viel entdecken können und viel Freude mit dem Roman haben. Denn inhaltlich bleibt die Biographie des eher unbekannten Johann Jacob Bach hochspannend, die Fabulierlust Olaf Schmidts durchaus bewundernswert. 

>>Olaf Schmidt liest morgen um 19.30 Uhr im Belvedere auf dem Pfingstberg, der Eintritt kostet 8 Euro, ermäßigt 6 Euro

— Olaf Schmidt: Der Oboist des Königs. Galiani Verlag 2019, 544 Seiten, 25 Euro.

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