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Fulminante Freakshow. Nikaya spielten Rock’n’Roll im Waschhaus.

© S. Gabsch

Der 1. Brandenburger Music Showcase: Retro, für immer

Doch, diesen Abend kann man ganz deutlich als Erfolg verbuchen: Als am Samstag das erste Brandenburger Showcase im Waschhaus stattfand, war die Resonanz deutlich. Gut gefüllt war der Konzertsaal. Und fünf Bands für freien Eintritt – das gibt es auch nicht so oft, erst recht nicht im klammen November.

Potsdam - Immerhin versammelte sich auch die Crème de la crème in der Schiffbauergasse, zumindest musikalisch. Kein Wunder, schließlich stand ja Brandenburg als Ganzes auf der Bühne, es ging also um etwas: um Ruhm natürlich, und um Nachhaltigkeit. Wer es in Potsdam schafft, der hat die Blaupause für die große weite Welt gemeistert. Könnte man meinen.

Dabei hatten die fünf Bands zumindest eine Sache gemeinsam: Pophistorisch war alles ziemlich retro, also irgendwie aus der Zeit gefallen. Das fing schon mit der ersten Band an: Tabeah aus Potsdam spielten sehr auf Atmosphäre, mit der Stimme der Sängerin im Vordergrund, Gitarre, Bass und Keyboard hübsch um sie gruppiert. Was als orientalisch angehauchte Weltmusik verkauft wurde, war letztendlich äußerst passabler Trip-Hop, der den Vergleich mit dem britischen Original gar nicht zu scheuen braucht, mit Massive Attack etwa. Ein leiser, aber sehr schöner Auftakt des Abends.

Stilbruch als Hauptmerkmal

Der Stilbruch sollte jedoch zum Hauptmerkmal werden: Mit der Cottbuser Hip-Hop-Crew einmaleinz gab es direkt im Anschluss etwas ganz anderes auf die Ohren. Gut gemacht war das dennoch: So erfrischend wie dieses Duo klang der Hip-Hop doch zuletzt vor 20 Jahren, zu den Hochzeiten von Dendemann und Konsorten. Viel Lokalkolorit, inklusive Hymnen auf den Osten, erfrischend intelligente Texte – sympathischer ging es wohl kaum.

Der nächste Stilbruch sollte das Highlight des Abends markieren: Nikaya aus Brandenburg/ Havel brachten breiten, lauten, dröhnenden Rock’n’Roll mit, der den Hitzepegel deutlich nach oben schraubte. Ein sehr theatralischer Auftritt, bei dem der Sänger und Gitarrist sich in den Mittelpunkt katapultierte, eine Hommage an den untergegangenen Grunge – und eine fulminante Freakshow. Genial!

Proberaumkollegen hatten es im Anschluss schwer

Da hatten deren Proberaumkollegen Mystery Art Orchestra im Anschluss eine schwere Aufgabe: Ihre Retrospektive bündelte sich im New Wave, wabernde Synthies und hallende Gitarren. Das war sehr speziell, aber mit reichlich Leidenschaft aufbereitet.

Viel zu schnell ging der Abend vorbei, den die Potsdamer Liquid Silk abschließen sollten: Im Waschhaus keine Unbekannten. Wenn Black Sabbath damals gewusst hätten, was sie anrichten! Geboten wurde astreiner Wüstenrock, dem die halbe Stunde Spielzeit kaum zum Entfalten reichte. Immerhin soll im Frühjahr 2018 das neue Album der Rocker herauskommen – Fans haben sie ja genug, zumindest an diesem Abend. Einen besseren Beweis für die musikalische Kreativität Brandenburgs gibt es derzeit jedenfalls nicht.

Oliver Dietrich

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